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Auf der Straße. Steigende Mieten und der zunehmende Druck auf dem Wohnungsmarkt werden zur sozialpolitischen Herausforderung – und rufen Proteste hervor, wie am vergangenen Sonnabend in Berlin, Hamburg und Freiburg.

© dpa/Gambarini

Steigende Mieten: Neue Ideen für bezahlbares Wohnen

Der Berliner Senat will Neubauten für Geringverdiener mit Millionen fördern. Damit reagiert die Politik auf die Proteste von Mietern. Initiativen laden an diesem Dienstag zur Konferenz ins Abgeordnetenhaus ein.

Der Ruf nach einer aktiveren Wohnungspolitik findet im Senat zunehmend Gehör. Ephraim Gothe (SPD), Staatssekretär für Stadtentwicklung, will mit einer Neuauflage des sozialen Wohnungsbaus mehr bezahlbaren Wohnraum in der Stadt schaffen. Diese „Idee“ solle jetzt in Senat und Abgeordnetenhaus diskutiert werden. Ab 2014 könnten Bundesmittel dafür bereitgestellt werden, ab 2016 würden zudem Gelder aus dem alten Förderprogramm frei.

Aktuell gibt der Senat laut Gothe rund 400 Millionen Euro für die Subventionierung von Sozialmieten aus, etwa 100 Millionen Euro fließen durch die Rückzahlung von Darlehen in die Landeskasse zurück. Da die Subventionierung jedes Jahr sinkt, die Rückzahlung von Darlehen für den sozialen Wohnungsbau aber ansteigt, könnte sich ab 2016 ein leichtes Plus ergeben. Dieses Geld sollte dann in die Neubauförderung fließen.

Für den heutigen Dienstag hat ein breites Bündnis von Mietern zu einer Konferenz über die Lage auf dem Wohnungsmarkt ins Abgeordnetenhaus eingeladen. Dabei soll es auch um die sogenannte Kostenmiete gehen, die in einigen Fällen zu exorbitanten Mietsteigerungen geführt hat. Der FU-Juraprofessor Martin Schwab wirft dem Senat vor, mit seinem Wohnraumgesetz nur unzureichend auf diese Mietsteigerungen reagiert zu haben. „Das Gesetz hat politische Mängel“, Mietpreis- und Belegungsbindung für Sozialwohnungen seien ohne Not aufgegeben worden. Vermutlich sei in den 80er und 90er Jahren, als viele Sozialwohnungen errichtet wurden, Baukosten bewusst aufgebläht worden, um Steuern zu sparen. Sollte sich das nachweisen lassen, könne die Kostenmiete anders, also günstiger, berechnet werden.

Als eine Art Sofortmaßnahme gegen steigende Mieten fordern die Veranstalter der Konferenz einen verzögerten Ausstieg aus der Subventionierung von Sozialwohnungen. „Wir wollen heute eine Art Roadmap für die nächsten Schritte vereinbaren“, sagt Andrej Holm, Stadtsoziologe und Mitorganisator der Konferenz. „Eine Möglichkeit wäre, die Frist zur Rückzahlung von Aufwendungsdarlehen zu verlängern. Denkbar wäre eine Verlängerung der Rückzahlfristen um etwa fünf bis zehn Jahre.“

Derzeit können Besitzer von Sozialwohnungen die Miete jährlich um rund zehn Cent pro Quadratmeter erhöhen – Geld, das in der Vergangenheit vom Land gezahlt wurde, um die Baukosten zu erstatten. Der Wegfall der Subventionen hat mittlerweile dazu geführt, dass Sozialwohnungen oft teurer sind als Wohnungen auf dem ungeförderten Wohnungsmarkt. Das gilt auch für die Mieter, die sich in Kreuzberg zur Mieterinitiative „Kotti und Co“ zusammengeschlossen haben und seit mehr als fünf Monaten mit einem Protestcamp an der U-Bahntrasse gegen steigende Mieten protestieren.

Um sicherzustellen, dass neue Wohnungen künftig auch für Geringverdiener bezahlbar sind, setzt die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus auf eine veränderte Vergabepraxis bei dem Verkauf städtischer Flächen. „Nicht mehr das höchste Angebot soll den Zuschlag bekommen, sondern die Grundstücksvergabe soll an soziale Komponenten geknüpft werden“, sagt Katrin Lompscher, ehemalige Senatorin und heutige Sprecherin der Linkspartei für Stadtpolitik. „Das würde bedeuten, dass mindestens 30 Prozent der Wohnungen bezahlbar für Geringverdienende sein müssen.“ Lompscher verweist darauf, dass große städtische Flächen im Norden Pankows für den Wohnungsbau erschlossen werden könnten. Sozialwohnungen in der Innenstadt scheint es hingegen immer weniger zu geben. Der größte Anteil an Neubauten im laufenden Jahr entsteht im hochpreisigen Segment oder ist schon von Anfang an nicht zur Vermietung bestimmt.

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