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Diskussion im Zelt. Bürgermeister Franz Schulz hatte den runden Tisch mit den Flüchtlingen angeregt – und sich Absagen bei Bundes- und Landesregierung geholt.

© Björn Kietzmann

Streit ums Flüchtlingscamp in Berlin: Platz für Forderungen, nicht für Lösungen

Die Politiker von Berliner Senat und Bund sind dem Gespräch im Flüchtlingscamp am Oranienplatz ferngeblieben. So können die Asylbewerber lediglich ihrem Ärger Luft machen.

Dass es mit diesem runden Tisch nicht rundlaufen würde, war nach den vielen Absagen schon klar. Zumindest ist das Möbelstück, hinter dem sich die Sprecher des Flüchtlingscamps am Oranienplatz niederließen, an einem Ende abgerundet. Aber da sitzt schon niemand mehr. Da keiner der zuständigen Politiker vom Senat und der Bundesregierung der Einladung des Bezirksbürgermeisters von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), gefolgt ist, gleicht die Veranstaltung eher einem Podium. Die Asylbewerber können ihre Forderungen, die sie bereits seit Monaten äußern, noch einmal wiederholen. Lediglich die beiden grünen Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (Bundestag) und Benedikt Lux (Abgeordnetenhaus) sowie die Integrationsbeauftragte des Senats, Monika Lüke, haben sich in dem kleinen, durch die Mittagssonne aufgeheizten Zirkuszelt eingefunden.

Unterschiedliche Sprecher wiederholen, was die Flüchtlinge, die schon seit Monaten dort campieren, von den deutschen Politikern erwarten: die Abschaffung der Residenzpflicht, eine Arbeitserlaubnis und die Möglichkeit, individuell leben zu können und nicht in Sammelunterkünften. Der bei ihnen gängige Begriff dafür heißt Abschaffung der „Lagerpflicht“. Damit alle verstehen, werden sämtliche Redebeiträge ins Deutsche, Englische und Französische übersetzt.

„Ein Hund darf sich in diesem Land frei bewegen, ich darf das nicht“, sagt einer der Flüchtlinge. Und die rund 70 versammelten Asylbewerber applaudieren laut. Ein anderer, der in einem Asylbewerberheim im brandenburgischen Mittenwalde untergebracht war, sagt, dass „die Lager dort sind, wo die Nazis leben.“ Er zeigt auf seine Stirn: „Dort haben sie mich schon einmal attackiert.“ Immer wieder betonen Redner, dass man sie arbeiten lassen solle, führen dabei aber eine kritikwürdige Begründung an: Sonst bleibe einem nichts anderes übrig, als kriminell zu werden. Und eine Frau sagt: „Es geht hier nicht um das Camp, sondern um unsere Forderungen.“ Sobald diese erfüllt würden, könnten sie sofort den Platz räumen. Danach sieht es aber nicht aus. Die Flüchtlingspolitik ist Bundessache. Eine Lösung ist an dem Tag nicht in Sicht, man kann ihr auch nicht näherkommen. Aber immerhin können die Flüchtlinge Dampf ablassen. Der Grüne Ströbele versichert ihnen, dass auch für sie der Artikel eins des Grundgesetzes gelte, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist. Die Integrationsbeauftragte Lüke verweist auf Initiativen der Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) zum Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge. Das wird den Menschen im Zelt nicht reichen, mit weiteren Aktionen ist auf jeden Fall zu rechnen.

Für den scheidenden Bezirksbürgermeister Schulz ist klar, dass das umstrittene Camp weiter geduldet wird. Vielleicht gibt es im August erneut einen Versuch zu einem Gespräch mit Vertretern der Landes- und der Bundespolitik, aber dann wird Schulz nicht mehr dabei sein.

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