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Im Berliner Umland sollen Windräder Strom für ein landeseigenes Öko-Stadtwerk produzieren. Das macht den Strom zwar grüner, aber nicht zwingend billiger.

© dpa

Strompreissenkung in Berlin?: "Volksentscheid weckt falsche Hoffnungen"

Mehr erneuerbare Energien, mehr Mitsprache und ein landeseigenes Stadtwerk: Die Forderungen des Volksentscheids zur Rekommunalisierung des Berliner Energiesektors sind bekannt. Doch was haben die Verbraucher davon?

Steigende Strompreise, erneuerbare Energien und ein Volksentscheid, der die Stromversorgung am 3. November zu großen Teilen wieder in die öffentliche Hand legen will: Bei der Diskussion um Energiewirtschaft geht vieles durcheinander. Doch kommt am Ende für den Verbraucher etwas heraus? Kritiker des Berliner Volksentscheids warnen seit langem, dass sich Energiepolitik nicht mit der Abstimmung beeinflussen lasse. Angesichts der starken Strompreiserhöhungen dämpfen nun auch die Befürworter die Erwartungen. In kommunaler Verwaltung werde der Strom vielleicht grüner – aber nicht günstiger.

Stefan Taschner, Sprecher des Berliner Energietisch, der den Volksentscheid initiierte, sitzt mit in der Pressekonferenz, als am Dienstag ein Bündnis aus Unternehmern, der IHK, dem Bund der Steuerzahler und Gewerkschaften ihre Kampagne gegen den Volksentscheid startet. „Faktenbündnis“ nennen die Veranstalter das. Taschner hört schweigend zu, als Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Berliner IHK, die sich früh gegen den Volksentscheid positioniert hat, von falschen Hoffnungen spricht, die der Volksentscheid wecke. Insbesondere den Netzkauf könne Berlin sich gar nicht leisten.

Eder fürchtet mehr Schulden und wenn etwas schiefgehe beim Betreiben des Netzes müsse der Berliner Steuerzahler einspringen. Vorausgesetzt Berlin bekommt überhaupt das Netz. Denn das wird in einem europäischen Vergabeverfahren ermittelt. Der Volksentscheid hat darauf keinen Einfluss. Natürlich könnte auch alles gutgehen. Im besten Fall würde Berlin die Konzession für das Netz erhalten und damit ordentlich wirtschaften. Da es ein landeseigenes Unternehmen wäre, müsste die Rendite nur so hoch sein, dass eine schwarze Null herauskommt. „Aber warum das Risiko überhaupt eingehen, wenn am Ende der Strom weder grüner noch billiger wird?“, fragt Eder.

Bringt „Ja“ zum Volksentscheid tatsächlich günstigeren Strompreis?

Wer mit seinem „Ja“ zum Volksentscheid tatsächlich die Hoffnung nach günstigeren Strompreisen verbindet, den muss selbst Taschner enttäuschen. „Ein Berliner Stadtwerk wird vielleicht nicht der günstigste Anbieter auf dem Markt, aber ein fairer und immer noch billiger als der Grundversorgertarif von Vattenfall“, sagt Taschner.

Das wiederum hat nichts mit dem Stromnetz zu tun. Doch der Volksentscheid sieht auch die Gründung eines Stadtwerks vor, das selbst Strom aus erneuerbaren Energien wie Windkraft und Photovoltaik produzieren und mehrere zehntausend Haushalte versorgen soll.

Der Strompreis aber wird an der Strombörse gemacht. Auch das Stadtwerk könnte darauf keinen Einfluss nehmen. Harald Wolf, Abgeordneter der Linken, die wie die gesamte Opposition den Volksentscheid unterstützt, sieht aber einen anderen Vorteil. Ein Stadtwerk könne durch verstärkte energetische Gebäudesanierung und gezielte Beratung den Stromverbrauch in der Stadt senken. „Dann zahlen sie zwar genauso viel pro Kilowattstunde, aber für weniger Strom“, meint Wolf. Dass die Preise stiegen, sei ein bundesweites Problem.

Zum 1. Januar steigt nämlich die EEG-Umlage von 5,3 auf 6,24 Cent je Kilowattstunde. Noch hält sich Grundversorger Vattenfall offen, ob die Preissteigerung an die Kunden weitergegeben werde, wie ein Sprecher sagte. Vor dem Volksentscheid jedenfalls wird Vattenfall wohl keine Preiserhöhungen verkünden. Auch Taschner kann das für ein künftiges Stadtwerk nicht ausschließen: „Aber wenigstens könnten wir mitentscheiden.“

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