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Bauarbeiter montieren in der Haupthalle des künftigen Hauptstadtflughafens einen Monitor.

© dpa

Teurer, später, chaotisch: Diese Bau-Projekte sind zu groß für Berlin

Stadtschloss, A 100, Staatsoper, ICC und jetzt der Flughafen – fast immer gibt es Probleme bei Berliner Mammutprojekten. Aus schönen Visionen werden Albträume, die Kosten explodieren, Zeitrahmen werden gesprengt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Debakel um den Großflughafen BER zeigt erneut, dass die öffentliche Hand bei der Planung, Finanzierung und Realisierung großer Bauvorhaben oft kein gutes Händchen hat. Für Berlin gilt das in jedem Fall, auch im Zusammenspiel mit dem Bund. Aus schönen Visionen werden Albträume, die Kosten explodieren und Zeitrahmen werden gesprengt. Was schon vor dem Mauerfall gängige Praxis war, setzte sich in der Hauptstadt unverändert fort. Hier einige Beispiele.

Stadtschloss

Seit 1992 wird über den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses diskutiert. Es dauerte aber zehn Jahre, bis sich der Deutsche Bundestag in einem Grundsatzbeschluss dafür aussprach. Die Finanzierung blieb zwischen dem Bund und Berlin lange Zeit umstritten. Erst 2007 beschloss der Bundestag den Wiederaufbau mit teilweise historischer Fassade, der italienische Architekt Franco Stella erhielt ein Jahr später den Zuschlag. Die damalige Kostenprognose lag bei 480 Millionen Euro, der erste Spatenstich sollte 2010 erfolgen. Inzwischen wurde die Kostenobergrenze auf 552 Millionen Euro verschoben, davon trägt der Bund 478 Millionen Euro und Berlin 32 Millionen Euro. 80 Millionen Euro sollen über Spenden hereinkommen. Für 2013 ist die Grundsteinlegung geplant, Anfang 2018 könnte das Stadtschloss fertig sein.

Berlins Problemzonen: Wo es in der Hauptstadt sonst noch hakt:

Stadtautobahn A 100

Die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 vom Dreieck Neukölln bis Treptower Park entzweite schon 2002 die rot-rote Koalition. Damals wurden die Kosten auf 258,5 Millionen Euro geschätzt. Baubeginn sollte 2008 sein. Die SPD sprach sich auf Landesparteitagen erst gegen, dann für das Verkehrsprojekt aus. Nach der Wahl im September 2011 scheiterten an der A 100 die Sondierungsgespräche zwischen SPD und Grünen. Nach aktuellen Prognosen wird das 3,2 Kilometer lange Teilstück der Autobahn mindestens 475 Millionen Euro kosten. Zahlmeister ist der Bund. Die Bauarbeiten können frühestens im Herbst 2012 beginnen, vorher muss noch das Bundesverwaltungsgericht grünes Licht geben.

Später und deutlich teurer: Die ICC-Sanierung

Internationales Congress Centrum

Seit 2001 wird öffentlich über eine Sanierung und Modernisierung des Internationalen Congress Centrums (ICC) diskutiert. Seitdem wurden von Politik, Messe und Wirtschaftsverbänden alle Varianten durchgespielt: Sanierung, Abriss, Stilllegung oder Privatisierung. Die ersten Schätzungen für eine Sanierung lagen bei 50 Millionen Euro, die jüngste Kostenprognose geht von 300 Millionen Euro aus. In der Finanzplanung des Senats stehen bisher allerdings nur 182 Millionen Euro. 2014 sollen die Bauarbeiten im „Raumschiff“ am Messedamm beginnen. Dafür wird das ICC zeitweise geschlossen. Das runderneuerte Kongressgebäude sollte eigentlich 2017 wieder in Betrieb genommen werden. Jetzt ist inoffiziell von 2020 die Rede.

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Staatsoper

Als der damalige Intendant Georg Quander im Jahr 2000 auf die drohende Schließung der Staatsoper durch die Baupolizei hinwies und eine grundlegende Sanierung forderte, rechnete er mit Kosten von 100 Millionen Euro. Danach stritten der Senat und der Bund mehrere Jahre darüber, wer für das kulturelle Erbe Preußens auch finanziell zuständig sei. Die Gründung einer gemeinsamen Opernstiftung milderte den Konflikt nicht, erst im Rahmen eines Hauptstadtfinanzierungsvertrags verpflichtete sich der Bund 2007, für die Grundsanierung der Staatsoper 200 Millionen Euro auszugeben. Die öffentliche Ausschreibung des Projekts musste im Juli 2008 allerdings wiederholt werden, Staatsoper-Dirigent Daniel Barenboim klagte damals über das „unprofessionelle Vorgehen“ des Senats. Erst im Sommer 2010 begann die Restaurierung des Prachtbaus Unter den Linden, 2014 soll die Oper wiedereröffnet werden. Die letzte Kostenschätzung liegt bei 242 Millionen Euro.

Zentral- und Landesbibliothek

Vor 15 Jahren schlug die Chefin der Berliner Landesbibliothek, Claudia Lux, einen neuen Standort für ihre Einrichtung vor, die damals schon an mehreren Standorten aus allen Nähten platzte: den sanierten Palast der Republik. Der Plan wurde ebenso verworfen wie ein Neubau auf dem Schlossplatz in Mitte oder die Integration in ein wieder aufgebautes Stadtschloss. Erst 2009 wurde die Diskussion neu belebt, als der Senat beschloss, auf dem Tempelhofer Feld eine neue Zentral- und Landesbibliothek zu bauen. Für geschätzte 270 Millionen Euro, 2016 sollte der Medienpalast fertig sein. Dieser ambitionierte Zeitplan wird keinen Bestand haben. Im März dieses Jahres teilte die Stadtentwicklungsverwaltung mit, dass ein geprüfter Kostenrahmen frühestens im zweiten Quartal 2013 vorliegen werde. Vorgesehen sei der „Baubeginn noch in dieser Legislaturperiode“.

Kuhhandel um die Komische Oper

Bettenhaus der Charité

Vor zehn Jahren verweigerte sich das Bundeswehrkrankenhaus einer Kooperation mit der Charité mit dem Argument: Das Bettenhochhaus in Mitte sei so marode, dass nicht einmal der Brandschutz gewährleistet sei. Der dringende Ruf nach einer kompletten Sanierung wurde vom Senat erst 2004 im Masterplan für die Charité berücksichtigt. Ein Jahr später machte der Klinikumsvorstand aber den Vorschlag, das Gebäude zu verkaufen und ein neues Bettenhaus zu bauen. So ging es hin und her, bis die Wissenschaftsverwaltung 2009 die Sanierung für 129 Millionen Euro ankündigte, zwei Monate später korrigiert vom Charité-Chef Karl Max Einhäupl, der von 200 Millionen Euro sprach. Etwas später plädierte der Klinikum-Aufsichtsrat wieder für einen Neubau, es kam zu einem heftigen Streit mit Finanzsenator Ulrich Nußbaum. Erst im Herbst 2010 wurde endgültig die Sanierung des Gebäudes für 185 Millionen Euro beschlossen, es soll angeblich 2016 in neuer Schönheit wieder in Betrieb genommen werden.

Komische Oper

Da hatte jemand im Jahr 2000 eine originelle Idee: Die Grundinstandsetzung der Komischen Oper sollte über den Verkauf von zwei benachbarten Grundstücken an einen privaten Investor finanziert werden. Aber es kam zu einem kuriosen Streit zwischen dem Baukonzern IVG, dem Senat und der Intendanz der Oper. Mit dem Ergebnis, dass der potenzielle Käufer keinen Cent herausrückte, weil die Zahlungspflicht vertraglich an eine Baugenehmigung gekoppelt war. Der Kuhhandel platzte, und das Musiktheater in Mitte wartet bis heute auf die versprochene Sanierung. Erst im Landeshaushalt 2012/13 wird die Finanzierung sichergestellt. Die 73 Millionen Euro teure Grundsanierung wurde aber noch einmal um ein Jahr verschoben, dann kann die Komische Oper während der Bauarbeiten ins Schillertheater umziehen.

Akademie der Künste

Vor sieben Jahren wurde die Akademie der Künste am Pariser Platz eröffnet. Der Bau mit seiner auffälligen Glasfassade wurde 1999 in öffentlich-privater Partnerschaft begonnen, aber der Generalunternehmer ging 2003 pleite und das Land Berlin baute allein weiter. Ursprünglich sollte der Neubau 38 Millionen Euro kosten, das Geld reichte bei Weitem nicht aus. Zudem wurden erhebliche Baumängel festgestellt, der Streit ging vors Gericht. Noch bis 2015 wird der Landeshaushalt mit den Baukosten von insgesamt 67 Millionen Euro belastet.

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