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Verdientes Päuschen?

© dpa

Touristenfalle Tegel: Taxibetrüger bedrohen Fahrgäste

Für 220 Euro ins Hotel: Betrügerische Taxifahrer berechnen ahnungslosen Fahrgästen offenbar immer wieder mal deutlich zu viel. Das jüngste Opfer war ein amerikanischer Passagier. Kein Einzelfall, heißt es beim Taxiverband. Aber ein besonders dreister.

Von Sandra Dassler

Ein amerikanischer Tourist ist am vergangenen Freitag von einem Taxifahrer nicht nur betrogen, sondern auch bedroht worden. Der Mann war nach eigener Aussage gegen 22.30 Uhr mit dem Flugzeug aus London in Berlin-Tegel angekommen. Dort nahm er ein Taxi und gab als Fahrziel das Hotel Kempinski Adlon an. Nach einiger Zeit hielt der Taxifahrer und behauptete, am Hotel angekommen zu sein.

Er wollte 100 Euro, was seinen Fahrgast verwunderte, weil dieser wusste, dass das Adlon weniger als zehn Kilometer vom Flughafen entfernt ist. Außerdem kam ihm die Umgebung seltsam vor: Das Taxi stand irgendwo im Dunkeln, von einem Hotel oder auch nur Haus keine Spur. Auf seine Frage, ob das hier richtig sei, erhielt er jedoch keine Antwort, vielmehr sprang der Fahrer aus dem Auto, öffnete den Kofferraum und warf den Koffer seines Fahrgasts auf die Straße. Um seiner Geldforderung Nachdruck zu verleihen, trat er gefährlich nahe an ihn heran und wiederholte mehrmals in gebrochenem Englisch, dass er 100 Euro wolle. Aus Angst bezahlte der Amerikaner schließlich 80 Euro – und das Taxi verschwand.

Nach kurzem Fußmarsch erreichte der Tourist ein Lokal, wo man ihm ein Taxi rief, das ihn in wenigen Minuten für zehn Euro ins Adlon brachte, wo er die Polizei informierte. Die bestätigte dem Tagesspiegel am Mittwoch, dass eine entsprechende Anzeige des Amerikaners vorliegt, die momentan bearbeitet werde.

Es ist beileibe nicht die erste, sagt der Vorsitzende des Taxiverbandes Berlin, Detlev Freutel: „Seit mehr als zwei Jahren kennen wir das Problem in Tegel, versuchen alles, um es zu lösen, aber es wird immer schlimmer. Immer brutaler. Und niemand fühlt sich dafür zuständig.“

220 Euro für die Fahrt ins Hotel.

Das „Problem in Tegel“ besteht laut Freutel darin, dass bestimmte Taxifahrer sich gar nicht erst am offiziellen Taxi-Wartebereich vor den Gates 6 bis 9 anstellen, sondern gleich zum Innenring weiterfahren, was eigentlich verboten ist. Dann stehen sie meist vor dem Gate 12 oder 13 und sprechen Fluggäste an, die sogar noch dankbar sind, dass sie nicht so weit laufen müssen. Eine gute Voraussetzung, um ihnen dann unverschämt hohe Rechnungen zu präsentieren.

Im Adlon weiß man, dass ahnungslosen Touristen sogar schon bis zu 220 Euro für die Fahrt vom Flughafen Tegel bis ins Hotel abgeknöpft wurden. Manchmal schöpfen sie gar keinen Verdacht, weil sie davon ausgehen, dass Tegel genauso weit außerhalb der Stadt liegt wie Flughäfen in Paris, London oder Oslo. Wenn sie doch kritisch nachfragen, ist das Taxameter kaputt oder sie erhalten eine gefälschte Quittung, sagt Freutel. Auch Quittungen ohne Aufdruck des Taxiunternehmens oder ohne Konzessionsnummer werden vergeben.

Trotzdem kenne man beim Taxiverband ganz genau die Betrüger. Immer wieder würden Anzeigen gegen sie gestellt, immer wieder fragt der Taxiverband nach, warum niemand etwas unternimmt. „Wir selbst können sie ja nicht von Tegel verjagen“, sagt Freutel: „Die Polizei sagt, die Flughafengesellschaft sei zuständig, die entgegnet, dass sich ihr Verantwortungsbereich nur auf die Gebäude erstreckt. Mir fällt dazu nichts mehr ein.“

Die Beschreibung des Amerikaners passt genau auf einen Fahrer, der sogar schon einmal kurzzeitig festgenommen worden war, heißt es beim Taxiverband. Er sei längst wieder da. Da niemand kontrolliere, würden die kriminellen Chauffeure immer dreister. Allein in diesem Jahr führte die Berliner Polizei bereits 120 Ermittlungsverfahren wegen Betrugs gegen Taxifahrer, sagte ein Sprecher. Außerdem stelle man derzeit eine Häufung von Delikten wie Nötigung fest.

Für Berlin sei all dies kein Aushängeschild – vor allem, wenn jetzt auch noch direkte Bedrohung dazukomme, sagt Detlev Freutel. Auch bei der Tourismusgesellschaft Visit Berlin ist das Problem bekannt. „Das ist sehr schlecht fürs Image“, sagt eine Sprecherin: „Auf unserer Website warnen wir extra davor und geben Hinweise, wie man vermeiden kann, an falsche Taxifahrer zu geraten.“

Ein Taxifahrer widerspricht allerdings der Darstellung, dass es sich nur um einige schwarze Schafe handele: „Zumindest das Umwege-Fahren ist auch bei ,richtigen’ Fahrern gang und gäbe.“

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