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Vorankommen, aber wie? Der immer noch nicht fertig gestellte Flughafen BER in Schönefeld.

© dpa

Umbau des Aufsichtsrats: Alles auf Anfang am BER

Der größtenteils von fachfremden Politikern besetzte BER-Aufsichtsrat muss dringend neu strukturiert werden. Umso ärgerlicher, dass die SPD mit der Wowereit-Nachfolge viel wertvolle Zeit verstreichen lässt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Die Zeitspanne zwischen Tod oder Rücktritt eines Papstes und der Inthronisation des Nachfolgers nennt die katholische Kirche Sedisvakanz. Es ist die Phase, in der der Stuhl des Bischofs von Rom unbesetzt ist, in der im Vatikan keine Entscheidungen fallen. Die letzte Sedisvakanz, 2013 nach dem Rücktritt Bendedikts XVI, dauerte 13 Tage.

Am 26. August gab Klaus Wowereit seinen Rücktritt bekannt. Seit dem 18. Oktober steht Michael Müller als sein Nachfolger fest. Gewählt werden soll er erst am 11. Dezember. Warum braucht die Berliner SPD für einen Entscheidungsprozess 107 Tage, den die 2000 Jahre alte katholische Weltkirche in zwei Wochen durchzieht? Warum dauert die Sedisvakanz des Senats von Berlin länger als ein Vierteljahr, wo doch zum Beispiel, mit Brandenburg und dem Bund, zum Flughafen BER dringend langfristig wirkende Entscheidungen gefällt werden müssen?

Denn ob in Zukunft dort im Aufsichtsrat weiter Politiker eine Mehrheit haben, die von der Materie nichts verstehen, oder Wirtschafts- und Finanzkundige mehr Einfluss erhalten, ist alles andere als eine Bagatellfrage. Außerdem wissen alle Beteiligten, dass es bei der Zusammensetzung von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung schwerwiegende Compliance- Probleme gibt, Rechtswidrigkeiten, weil nach geltender Vorschriftenlage Mitarbeiter Vorgesetzte kontrollieren müssten, von deren Votum wiederum ihre eigene berufliche Zukunft abhängt.

Wie viele Politiker braucht der Flughafen-Aufsichtsrat

Ein Blick auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats zeigt, wo die Ahnungslosigkeit auch über das Tun oder Nichttun der Geschäftsführung herkam. Das Urteil des Landgerichts, das nun die Kündigung des früheren Geschäftsführers Rainer Schwarz für unwirksam erklärte, ist eine schallende Ohrfeige für den Aufsichtsrat. In ihm sitzen acht Politiker neben zwei Vertretern der Wirtschaft. Substanzielle Aufsicht über die Geschäftsführung kann aber nur jemand ausüben, der von Wirtschaft eine Ahnung hat.

Es reicht, wenn Berlin, Brandenburg und der Bund je einen Politiker in das Gremium schicken. Alle drei könnten sich um einen ordentlich bezahlten, kompetenten Aufsichtsratsvorsitzenden bemühen. Vielleicht hat Eric Schweitzer, der DIHK-Vorsitzende, einen Tipp. Darüber hinaus gibt es „elder statesmen“ der deutschen Industrie, denen es vielleicht Ehrensache wäre, aus der Misere zu helfen. Der langjährige Finanzvorstand von Daimler, Manfred Gentz, hat eine Berliner Telefonnummer. Die Potsdamer werden wissen, wie sie den größten Mäzen der Stadt, den erfolgreichen Unternehmer Hasso Plattner, erreichen können.

Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung muss neu geregelt werden

All dies sollte Michael Müller mit Alexander Dobrindt und Dietmar Woidke auf den Weg bringen. Keine Kann-, sondern eine Mussfrage ist jedoch die Neuregelung des Verhältnisses zwischen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung. Letztere soll den Aufsichtsrat entlasten. Aber in ihr sitzen Beamte, deren Karriere von der fachlichen Beurteilung und Einschätzung jener Staatssekretäre und Minister abhängig sein könnte, die genau in diesem Aufsichtsrat sitzen. Und damit diese Gesellschaftervertreter ganz sicher nicht auf dumme Gedanken kommen, tagen sie unter Leitung – des Aufsichtsratsvorsitzenden, dem sie in dieser Funktion unter sachlichen Gesichtspunkt die Entlastung gerade verweigern müssten.

In der Nacht zum Sonntag wird die Zeit umgestellt. Ein guter Anlass, dass Müller, Woidke und Dobrindt miteinander verabreden, wie sie alles auf Anfang stellen können. Jede Sedisvakanz muss ein Ende haben.

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