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Durch Brandenburg ist ein US-Militärtransport gerollt – zum Unbehagen der rot-roten Landesregierung.

© Ralf Hirschberger/dpa

US-Militärkonvoi: Drohender Eklat im Brandenburger Landtag

Nach der Kritik von Ministerpräsident Woidke an der Fahrt von US-Truppen durch Brandenburg befasst sich am Donnerstag eine Aktuelle Stunde mit dem Thema. Und es kommt hoher Besuch.

Als Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im September 2015 das Multinationale Korps der Nato im polnischen Szczecin besuchte, hatte er eine klare Botschaft. Den Soldaten aus Polen, Dänemark und Deutschland dankte der Polen-Beauftragte der Bundesregierung ausdrücklich. Durch die "Ukraine-Krise und das dadurch gestiegene Sicherheitsbedürfnis unserer östlichen Bündnispartner" habe das Korps an Bedeutung gewonnen, erklärte Woidke. Und: "Deutschland steht heute für Polens Sicherheit ein, so wie umgekehrt Polen für Deutschland."

Fast eineinhalb Jahre später sind sich Polen, Litauen, Lettland und Estland der Haltung des Polen-Beauftragten nicht mehr so sicher. Grund sind kritische Äußerungen von Woidke zur kürzlich erfolgten Verlegung von 4000 US-Soldaten samt schwerem Gerät, darunter Panzer, nach Polen – durch Brandenburg. Mehr als eine Woche lang hatte es Woidke nicht geschafft, die von ihm angestoßene Debatte zu beenden. Hängen blieb eins: Der Polen-Beauftragte der Bundesregierung warnte vor einer Eskalation und Provokation Russlands. Und dass es nicht gut sei, wenn beiderseits der Grenze von Nato-Staaten und Russland Panzer auf und ab fahren. Dass Polen und die Balten ausdrücklich um die Unterstützung gebeten haben, darauf ging Woidke nur am Rande ein: Er habe für die "Befindlichkeiten" Verständnis.

Der Zug des US-Amerikanischen Militär war in Brandenburg von Protesten begleitet.
Der Zug des US-Amerikanischen Militär war in Brandenburg von Protesten begleitet.

© Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa

Ausgerechnet in dieser Lage ist am Donnerstag hoher Besuch in Potsdam angekündigt. Bei den rot-roten Koalitionären im Landtag herrscht helle Aufregung. Polens Botschafter Andrzej Przylebski wohnt der von der CDU-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde bei. Das Thema: "Schulterschluss mit Polen und den baltischen Republiken". Die Sorge wegen möglicher diplomatischer Verwicklungen auf der brandenburgischen Politikbühne ist groß. Auch ein Vertreter der russischen Botschaft in Berlin ist angekündigt.

Die CDU hatte die Botschafter Polens, Litauens, Lettlands und Estlands persönlich eingeladen. Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) selbst hatte dann nach den protokollarischen Gepflogenheiten die Botschaften "der betroffenen Ländern" über die Debatte informiert. Nicht aber die USA. Begründung: Der Landtag führe keine außenpolitische Debatte. Die CDU kritisiert, die märkische SPD sei einseitig auf Russland ausgerichtet.

Nachdem Woidke die Debatte angestoßen hatte, hielt die Linke mehrere Protestkundgebungen gegen die US-Operation ab. Auch die AfD positionierte sich dagegen. Landeschef Alexander Gauland sagte, er teile Woidkes Auffassung.

In ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde verweist die CDU auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland und die russische Unterstützung paramilitärischer Einheiten in der Ost-Ukraine. Die östlichen Nato-Mitgliedstaaten, vor allem Polen, seien zutiefst verunsichert.

Die CDU verteidigte die Verlegung der Truppen

Sorge vor einem Eklat hat CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben aber nicht, auch wenn die AfD in Anwesenheit des polnischen Botschafters einen Gegeneintrag einbringt – und zwar gegen Nato- und US-Truppen in Polen und den baltischen Staaten, weil die Russen sich davon bedroht fühlten. "Mir ist nicht bekannt, dass Russland Polen oder Balten in irgendeiner Weise verbal bedroht hat", sagt Gauland. Und die Annexion der Krim sei umstritten: "Die Zaren nannten es das Einsammeln russischer Erde."

SPD und Linke im Landtag wurden von dem Schachzug der CDU, die Debatte durch Botschafterbesuch aufzuwerten, völlig überrumpelt. Rot-Rot fühlt sich auch brüskiert, weil Senftleben Polens Botschafter nach der Debatte zu einem persönlichen Gespräch eingeladen hat. Rot-Rot will auch dabei sein, was die CDU ablehnt. Stattdessen können die Koalitionsvertreter den Botschafter nur am Fortuna-Portal offiziell nach dem Protokoll empfangen.

Das Verhältnis der SPD-geführten Staatskanzlei zu Moskau war stets ein besonderes. Ex-Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) ist immerhin Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums und löst mit seinen Äußerungen zu Russland zuweilen Kopfschütteln aus. Und Woidke? CDU-Chef Senftleben forderte, dass Woidke Stellung beziehen müsse. Wie damals beim Besuch des Multinationalen Nato-Korps in Szczecin.

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