zum Hauptinhalt
Schöne Aussichten. 1200 Meter lang ist das Dach des einstigen Flughafengebäudes in Tempelhof. Ab Ende 2015 soll es geöffnet werden.

© Tempelhof Projekt Gmbh/promo

Veranstalter ziehen in die Arena Treptow: Berlin Festival verlässt Flughafen Tempelhof

Nach dem Teilrückzug der Modemesse Bread & Butter verlässt überraschend das große Festival das Gelände des früheren Innenstadtairports. Dafür kann man dem Bau ab 2015 aufs Dach steigen.

Blur, Björk und die Pet Shop Boys haben hier gespielt, ebenso wie The Killers oder Paul Kalkbrenner. Fünf Jahre lang war das immer im September stattfindende Berlin Festival eine der großen Attraktionen auf dem Vorfeld des einstigen Tempelhofer Flughafengeländes. Damit ist jetzt Schluss, zumindest an diesem Ort. Das Spektakel – nach Bekunden seiner Veranstalter „auf dem Weg, zu Deutschlands größtem und außergewöhnlichstem innerstädtischen Festival zu werden“ – kehrt Tempelhof überraschend den Rücken. Diese Information des Tagesspiegels bestätigte am Montag die Tempelhof Projekt GmbH. Die Veranstalter des Festivals, die Unternehmensgruppe Hörstmann, wollte den Umzug offiziell noch nicht bestätigen, kündigte aber für Mittwoch eine Erklärung an.

Gibt es finanzielle Probleme? Der Veranstalter schweigt

Das Festival, zu dem an zwei Tagen bis zu 20 000 Besucher kamen, soll dieses Jahr statt in Tempelhof auf dem Gelände der Arena in Treptow stattfinden. Dort waren in den vergangenen Jahren bereits aus Lärmschutzgründen jene Teile des Festivals veranstaltet worden, die nach 22 Uhr stattfanden. Mit dem Umzug ist das Berlin Festival, das vom 5. bis 7. September läuft, zudem näher dran an vielen anderen Orten, an denen im Rahmen der zeitgleich stattfindenden Fachmesse Berlin Music Week Konzerte und andere Veranstaltungen geplant sind.

Für Beobachter wie die Grünen-Kulturpolitikern Sabine Bangert kommt der kurzfristige Rückzug des Festivals dennoch überraschend. Vor allem, weil für die Veranstaltung auf dem Tempelhofer Gelände weit über Berlin hinaus geworben werde. Sie vermutet, dass weniger Karten als erwartet verkauft wurden oder sonstige finanzielle Motive den Ausschlag gegeben haben – Mutmaßungen, zu denen die Veranstalter am Montag keine Stellungnahme abgeben wollten.

Für die Verwaltergesellschaft des Flughafenareals ist die Absage ein „Rückschlag“, sagt Gerhard W. Steindorf, Geschäftsführer der landeseigenen Tempelhof Projekt GmbH. Der „Marke“ Tempelhof schade das aber nicht, glaubt er, ebenso wenig wie der kürzlich verkündete Teilrückzug der Modemesse Bread & Butter. Dafür sei das Areal mit rund 60 Veranstaltungen im Jahr gut genug gebucht.

Spektakuläre Ausblicke vom Dach

Wie groß der finanzielle Verlust durch den Rückzug des Berlin Festivals ist, sagt die Verwaltungsgesellschaft nicht. Aber unterm Strich stehe man mit erwarteten Einnahmen in Höhe von 15,5 Millionen Euro für 2014 gegenüber Ausgaben von 12,9 Millionen Euro gut da. So ließen sich die Betriebskosten der denkmalgeschützten Gebäude ausgleichen – und das bei einem Drittel Leerstand.

Statt auf die schlechten Nachrichten schauen die Tempelhof-Verwalter lieber darauf, was sich in dem Areal an positiven Dingen tut. Und da gibt es am Montag gleich zwei Nachrichten. Zum einen bestätigt Geschäftsführer Steindorf, dass das Flughafendach in Kürze der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Zum anderen soll in das einstige Offiziershotel der US-Armee am Platz der Luftbrücke neues Leben einziehen. 1200 Meter lang ist das Dach des einstigen Flughafens – voraussichtlich Ende 2015 soll es erstmals für Besucher geöffnet werden und nach und nach auch Gastronomen sowie Anbieter von Kultur- oder Sportprogrammen anziehen, sagt Steindorf. Als erster Schritt ist geplant, die auf dem Dach vorhandene Galerie – ein drei Meter breiter Gang entlang einer Betonmauer mit Dach – für Besucher zu öffnen und dort eine Ausstellung zur Geschichte des Tempelhofer Flughafens zu zeigen. Nach Auskunft der Tourismuswerber von Visit Berlin, die an den Planungen beteiligt sind, soll es neben der Galerie auch ein Café auf dem Dach geben – mit spektakulärem Ausblick, wie Visit-Berlin-Sprecher Björn Lisker sagt.

Alles nur „Stückwerk“, schimpft die Opposition

In einem zweiten Schritt ist geplant, erst ein Drittel und später auch das ganze Dach für Veranstaltungen, Partys und Gastronomie zu nutzen, wie Geschäftsführer Steindorf sagt. Dazu könnten auch Sport-Ereignisse oder ein Tango-Club gehören – wenn sich denn entsprechende Investoren finden. Dafür sei kürzlich das Dach über den Hangars 5, 6 und 7 mit neuer Dichtung und Wärmedämmung ausgestattet worden. Auch die aus der Frühzeit des Gebäudes übrig gebliebenen Tribünenreste wurden wiederhergestellt. In den 1940er Jahren hatte man vorgehabt, hier oben bei Flugschauen bis zu 80 000 Zuschauer zu platzieren, dafür gibt es 15 Treppenhäuser, die allerdings nur im Rohbau fertiggestellt wurden. Ein zweistelliger Millionenbetrag, so schätzt Steindorf, wäre noch nötig, um das Dach öffentlich nutzbar zu machen. Dafür suchen die Tempelhof-Verwalter, Visit Berlin und der Senat Investoren.

Ganz Neugierige können dem Flughafen wohl schon in einem Monat erstmals wieder aufs Dach steigen: Die Besucherterrasse oberhalb des eigentlichen Daches wurde kürzlich statisch ertüchtigt und soll laut Verwaltungsgesellschaft ab September als Teil der geführten Tempelhof-Touren erstmals wieder öffentlich zugänglich sein.

Parallel soll bald auch in einen anderen prominenten Teil des alten Flughafens neues Leben einziehen. Die Tempelhof Projekt GmbH startete am Montag ein europaweites Investorenauswahlverfahren für die Sanierung und Nutzung des ehemaligen Offiziershotels der US-Armee am Platz der Luftbrücke. Die Unterlagen sind online zu finden unter www.tempelhoferfreiheit.de/vergaben.

Die Grünen kritisieren den Umgang des Landes mit dem historischen Flughafengebäude. Aus Sicht von Kulturpolitikerin Bangert sind die neuen Pläne nur „Stückwerk“, sie vermisst einen zusammenhängenden Plan für das gesamte Areal. Die Suche nach finanzstarken Investoren verlaufe zu „planlos“, es sei unklar, ob die Konzepte am Ende überhaupt zueinander passten.

Weitere Nachrichten aus Tempelhof finden Sie unter diesem Link.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false