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© imago/Christian Mang

Vergünstigte Fahrkarten für Flüchtlinge: BVG will helfen – der Senat lässt warten

Die BVG und S-Bahn wollen ein "Welcome Refugee Ticket" schaffen - wie das Sozialticket. Denn viele mittellose Flüchtlinge fahren schwarz.

Die BVG und die S-Bahn wollen Flüchtlingen helfen – aber der Senat lässt sie bisher nicht. Schon Mitte September habe man den zuständigen Senatsverwaltungen für Verkehr und Soziales einen Vorschlag für ein "Welcome Refugee Ticket" für noch nicht registrierte Flüchtlinge gemacht. Eine Entscheidung habe es aber bis heute nicht gegeben, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz jetzt auf Anfrage. Die Folge: Zahlreiche fast mittellose Flüchtlinge werden zunehmend zu Schwarzfahrern, die bei Kontrollen dann 60 Euro "nachzahlen" sollen.

Die privaten und eigenen Kontrolleure sollten zwar "mit Augenmaß" vorgehen, sagte Reetz weiter, doch könnten sie nicht einfach stets ein Auge zudrücken – auch nicht bei Flüchtlingen. Einen Anspruch auf ein Sozialticket, das es für 36 Euro gibt, haben die Flüchtlinge erst, wenn sie registriert sind und dann auch einen Berlin-Pass erhalten haben.

"Welcome Refugee Ticket" - bezahlt vom Land

Die Verkehrsunternehmen schlagen deshalb vor, Flüchtlinge mit einem "Flüchtlingsfahrschein" auszustatten – neudeutsch "Welcome Refugee Ticket" genannt. Der Preis soll wie beim Sozialticket bei monatlich 36 Euro liegen. Zahlen sollen nicht die Flüchtlinge, sagte Reetz weiter, sondern das Land. Dabei müsse nicht einmal Geld fließen, das Land könnte die Rechnung etwa auch durch reduzierte Abzüge für ausgefallene oder verspätete Fahrten begleichen.

Auf den Vorschlag habe der Senat bisher aber nicht reagiert, sagte Reetz. Ohne dessen Zustimmung könnten die Tarifbedingungen aber nicht geändert werden. Die Senatsverkehrsverwaltung habe lediglich mitgeteilt, dies sei ein sehr guter Vorschlag und man wolle sich möglichst schnell mit der Sozialverwaltung abstimmen. Dabei ist es bisher geblieben. Es gebe derzeit „intensive Gespräche“ zwischen den Verwaltungen, um schnell zu einem Ergebnis zu kommen, teilte die Sprecherin der Sozialverwaltung, Regina Kneiding, mit. Ihr Kollege Martin Pallgen von der Verkehrsverwaltung sagte, bei Bedarf könne man auch Einzelfahrscheine verteilen. Wer hierfür zahlen müsste, sei noch nicht klar.

Neu Angekommene sollten ihr Ticket gleich erhalten, für die bereits Untergebrachten seien mobile Teams vorgesehen, die zu den Unterkünften fahren, sagte Reetz. Gelten soll es zunächst nur bei der BVG und der S-Bahn innerhalb des Stadtgebiets (Tarif AB). Zeitlich soll es nicht eingeschränkt werden.

Bewusst sei man sich, dass ein solches Angebot auch Neid bei Gruppen wecken könne, die ebenfalls wenig Geld haben, aber trotzdem – wie beim Sozialticket – selbst zahlen müssten. In einer Ausnahmesituation wie jetzt müsse man aber auch unkonventionell reagieren können.

BVG Flüchtlinge "berufliche Orientierungsphase" bieten

Die BVG will sich bei ihrer Hilfe aber nicht auf das Ticketangebot beschränken. Das landeseigene Unternehmen setzt schon seit Wochen Busse für Sonderfahrten ein und hat in Zusammenarbeit mit der Initiative „Moabit hilft!" vor knapp vier Wochen als erstes deutsches Verkehrsunternehmen ein englisch/arabisches Faltblatt für Flüchtlinge mit wichtigen Informationen zum Nahverkehr herausgegeben.

Die BVG würde jungen Leuten auch gern eine berufliche „Orientierungsphase“ anbieten, die ihnen Einblicke ins Berufsleben bei der BVG ermögliche, sagte Reetz. Denkbar sei auch, Flüchtlinge gezielt für eine Fahrerausbildung anzusprechen. Wie mehrfach berichtet, gibt es derzeit vor allem bei der Straßenbahn zu wenig Fahrpersonal. Auch hier habe der Senat noch nicht reagiert, sagte Reetz weiter.

Auch bei der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten beteiligt sich die BVG nach Angaben ihrer Sprecherin. Klar sei aber, dass U-Bahnhöfe dafür nicht infrage kämen. Flüchtlinge seien keine Obdachlosen, für die die BVG in den vergangenen Wintern stets mehrere U-Bahnhöfe auch nachts offen hielt.

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