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Update

Verkehr lahmgelegt: Tunnelproblem behoben - weiterhin Staus wegen Nato-Gipfel

Das Problem mit der Videoanlage im Tiergartentunnel ist inzwischen zwar behoben. Das Verkehrschaos in Berlin hält aber an.

Der Tiergartentunnel ist wieder offen, das Problem mit der Videoanlage scheinbar behoben. Trotzdem könnte es in der Gegend weiterhin zu Staus und in Folge dessen zur Sperrung des Tunnels kommen.

Berlin erlebt den zweiten Tag in Folge ein riesiges Verkehrschaos. Durch die Tagung der Nato-Außenminister im Auswärtigen Amt brach der Straßenverkehr in der östlichen Innenstadt schon am Donnerstag zusammen. Auch am Freitag bleiben im Regierungsviertel zahlreiche Straßen bis zum Abend durchgängig gesperrt. Hinzu kommen "spontane" Straßensperrungen, die die Polizei aus Sicherheitsgründen nicht ankündigt. Selbst die Verkehrsmeldezentrale Berlin bekommt keine Informationen und hat ihre Probleme, die Lage zu überblicken. "Es ist wirklich schwierig", sagte ein Mitarbeiter am Morgen gegenüber Tagesspiegel Online und zählte einige Straßen auf, wo ader Verkehr stand: Mollstraße, Torstraße, Invalidenstraße, Greifswalder Straße, Alt-Moabit, Spreeweg, Schöneberger Ufer, Reichpietschufer, Lützowufer, Gitschinerstraße, Heinrich-Heine-Straße - "und das ist nur ein Ausschnitt, denn die kleinen Straßen werden von uns ja gar nicht erfasst", fügte der VMZ-Mitarbeiter hinzu.

Der Ring der verstopften Straßen rund um den Stadtkern wird indessen immer größer. Die Autofahrer versuchen schon, über Friedrichshain und Kreuzberg auszuweichen.

Auch der Tiergartentunnel musste in Richtung Kreuzberg erneut gesperrt werden. Je nach Verkehrslage kann es im Tunnel im Laufe des Tages immer wieder zu Sperrungen kommen.

Schon gestern war der Tiergartentunnel ohne Vorwarnung gesperrt worde. Kurzzeitig war das zwar vorgesehen, aber der Grund für die Dauersperrung ist ein bizarres Datenschutzproblem: Nach Auskunft der Stadtentwicklungsverwaltung wurden die Bilder aus den Überwachungskameras aufgezeichnet, obwohl die Kameras nur der augenblicklichen Kontrolle des Verkehrs dienen sollen. Man arbeite daran, die automatische Sofortlöschung zu reparieren, hieß es am Abend. Aber ohne Kontrollkameras bleibt der Tunnel gesperrt.

Der Freitag beginnt ebenfalls chaotisch. Schon am frühen Freitagmorgen waren zum Beispiel die Potsdamer Straße und das Schöneberger Ufer dicht. Die Lindenstraße ist gesperrt.

"Auf wundersame Weise" sei die Stadtautobahn derzeit noch nicht von dem Verkehrschaos betroffen. Das werde sich aber vermutlich schon bald ändern. Das Fazit des VMZ-Mitarbeiters: "Wenn man heute in die Stadt will, hat man definitiv ein Problem." Er könne den Bürgern nur empfehlen, heute auf U- und S-Bahnen umzusteigen. Mit Bussen und Straßenbahnen sei es heute ähnlich aussichtslos wie mit dem Auto. Man versuche in der Zentrale zwar, immer die aktuellen Informationen zur Verfügung zu stellen. Letztendlich aber müssten sich alle Autofahrer "auf lange Reisezeiten" einstellen.

„Es war grauenvoll“, sagte eine PR-Beraterin, als sie am Donnerstagmittag um halb zwölf ihr Büro am Hackeschen Markt erreichte: „Überall gesperrt und nichts geregelt.“ Dreieinhalb Stunden zuvor, um kurz nach acht, war sie im 20 Kilometer entfernten Gatow gestartet. Ihre zwischenzeitlichen Versuche, das Auto nahe an einem Bahnhof abzustellen, waren an den Leidensgenossen gescheitert, die schon früher aufgegeben und die letzten freien Parkplätze belegt hatten.

Auch andere verbrachten große Teile ihres Arbeitstages im Stau und konnten hinterm Lenkrad über den volkswirtschaftlichen Schaden nachdenken, den die Sperrungen bedeuten. „Das größte Problem war, dass man immer nur spontan entscheiden konnte“, sagte ein Autofahrer mit Ziel in der Markgrafenstraße und klagte über den Verkehrsfunk: „Die haben einfach aufgezählt, welche Straßen gesperrt sind. Aber dieses Ausmaß war überhaupt nicht erkennbar.“

Selbst am Abend herrschte noch Stillstand von Kreuzberg bis Charlottenburg. Nur auf der Karte der vom Senat mitfinanzierten Verkehrsmanagementzentrale (VMZ) befand sich die City überwiegend im grünen, also angeblich staufreien Bereich. Dass rund um den Hauptbahnhof nichts ging und der Tiergartentunnel gesperrt war, ließ sich kaum erkennen. Dabei wirbt die VMZ mit „aktuellen und verlässlichen Informationen“, damit Berliner und Besucher „schneller, komfortabler und sicherer an ihr Ziel kommen“.

Wer beim häufig besetzten Info-Telefon der Polizei durchkam, erfuhr, dass etwa das Gebiet zwischen Potsdamer Platz und Alex sowie zwischen Hauptbahnhof und Landwehrkanal „extremst“ betroffen sei. In der Pressestelle der Polizei hieß es, im Kern bleibe es bei den vorab bekannt gegebenen Sperrbereichen rund um das Hotel Adlon und das Auswärtige Amt. Allerdings müssten auch andere Strecken kurzzeitig gesperrt werden, um die Kolonnen der Politiker und Militärs durchzulassen. Besonders kritisch werde es wohl am Freitagnachmittag, wenn die Konferenzteilnehmer von Mitte zum Flughafen Tegel fahren.

Der sonst als Ausweichmöglichkeit geeignete Tiergartentunnel sollte ursprünglich nur kurz gesperrt werden, wenn Konvois die Ausfahrten kreuzen. So will die Polizei andere Autofahrer fernhalten. Um Staus im Tunnel zu vermeiden, wird die Röhre kurzerhand dicht gemacht. Nun kam das Kameraproblem hinzu.

Ins Chaos gerieten auch die Passagiere der BVG. Viele der wichtigsten Buslinien – 100, 200, M 41, M 48, M 85, TXL – wurden und werden umgeleitet, 147er und 265er auf Teilstrecken eingestellt. Andere fuhren bis zu 50 Minuten verspätet. Auch die Straßenbahnen rund um den Hackeschen Markt und in der Invalidenstraße steckten zwischen Autos fest.

Glücklich waren allein die Fußgänger und Radfahrer, die die für sie noch erreichbaren Straßen der City Ost für sich allein hatten – und die anfangs fast unheimliche Stille ohne die Autos genossen.

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