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Es kracht und kracht: Alle vier Minuten wurde die Polizei 2014 zu einem Verkehrsunfall gerufen. Insgesamt wurden 132 000 Unfälle in der Stadt gezählt. 52 Menschen kamen dabei ums Leben.

© imago/Seeliger

Verkehrsunfälle 2014 in Berlin: Raser sind das größte Risiko

Berliner Polizei stellt Unfallstatistik vor. 2014 wurden mehr als 860 000 Tempoüberschreitungen gezählt. Mehr Kontrollen angekündigt.

Motorradfahrer und Rentner waren auf den Straßen Berlins 2014 besonders gefährdet. Bei Verkehrsunfällen kamen im vergangenen Jahr 21 Menschen ums Leben, die älter als 64 Jahre waren, 2013 waren es acht. Der Anteil der Senioren an der Gesamtzahl der tödlich Verunglückten verdoppelte sich von 22 auf 40 Prozent. Die Zahl der getöteten Motorradfahrer verdreifachte sich von vier auf 12. Dies sind die beiden auffälligsten Zahlen der Verkehrsunfallbilanz, die am Donnerstag gemeinsam von Polizei, Innen- und Verkehrsverwaltung vorgestellt wurde. Bekanntlich starben 2014 in Berlin 52 Menschen bei den 132 000 Unfällen, 15 mehr als im Jahr zuvor. Damit gab es zwar erstmals seit drei Jahren wieder einen Anstieg, die Zahl liegt aber genau im Zehnjahresschnitt.

Von den 52 Unfalltoten waren 21 Fußgänger, zehn saßen auf dem Rad, zwölf auf dem Motorrad und sieben im Auto. Je einer saß im Lkw und einer auf einem dreirädrigen Motorrad, dies wird extra gezählt. Letztlich gab es sogar 54 Tote: Zwei Fußgänger wurden von der Straßenbahn erfasst, sie gehen nicht in die Unfallstatistik ein, da Tote auf Gleisen in einer anderen Statistik erfasst werden.

"Starkes individuelles Fehlverhalten"

Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) sagte, dass viele Unfälle „durch starkes individuelles Fehlverhalten“ verursacht würden. Dazu zählen gravierende Tempoverstöße und Rotlichtfahrten. „Es gibt deutlichen Verbesserungsbedarf bei der Verkehrsmoral“, sagte Krömer. Der Staatssekretär kündigte an, „in etwas größerer Anzahl stationäre Blitzgeräte über die Stadt verteilt“ aufzustellen. In den vergangenen Jahren hatte die Politik zusätzliche Geräte abgelehnt. „Die Polizei kann nicht überall mobil vor Ort sein“, nannte Krömer einen weiteren Vorteil der modernen Säulen, die sowohl bei Rotlichtfahrern als auch bei zu schnellen Autos auslösen.

Tatsächlich sank die Zahl der Einsätze gegen Raser leicht um 200 auf 19 600. Im Jahr 2014 wurden genau 860 542 Tempoverstöße gezählt, das sind gut neun Prozent mehr als im Jahr zuvor. Spitzenreiter war ein Autofahrer, der mit Tempo 193 (Toleranz schon abgezogen) gegen Mitternacht über die A 100 in Höhe Beusselstraße schoss. Die meisten (520 000) wurden von Radarwagen registriert, gut 270 000 durch fest installierte Geräte. 66 000 Raser wurden durch Handgeräte überführt.

Zusätzliche Blitzer sollen kommen

Krömer sagte, dass zusätzliche Blitzanlagen an Unfallschwerpunkten installiert werden sollen. Wie berichtet lehnt der Denkmalschutz einen von der Polizei gewünschten Blitzer am Großen Stern in Tiergarten ab. Die Säule sollte an der Einmündung der Altonaer Straße aufgestellt werden. Vor 20 Jahren hatte der Denkmalschutz auch den Bau von Ampeln am Großen Stern jahrelang verhindert. Der Kreisverkehr war damals Unfallschwerpunkt: 1996 hatte es dort mehr als 800 Unfälle gegeben. 1998 setzte sich die Verkehrsverwaltung dann durch – mit Erfolg. Die Zahl der Unfälle sank drastisch, im abgelaufenen Jahr waren es noch 221. Aus Sicht der Verkehrspolizei immer noch zu viel. Aktueller Spitzenreiter ist ebenfalls ein Kreisel, nämlich der Ernst-Reuter-Platz mit 460 Unfällen.

Probleme mit einem geplanten Blitzer gibt es auch am Theodor-Heuss-Platz. Dort haben Tests ergeben, dass Lastwagen in einer Lieferzone den Messstrahl stören. Als Nächstes soll der Blitzer Bismarckstraße Ecke Leibnizstraße wieder in Betrieb gehen, mit moderner digitaler Technik. Der alte Schwarz-Weiß-Blitzer ist seit langem wegen Bauarbeiten abgeschaltet. Außerdem wird die schon aufgestellte Säule am Innsbrucker Platz scharf geschaltet.

"Europäischer Blitzmarathon" kommt im April

Am 16. und 17. April wird Berlin am ersten „europäischen Blitzmarathon“ teilnehmen. Offen ist noch, ob Berlin sich im Herbst am bundesweiten Marathon beteiligen wird. 2013 hatte Berlin zwei derartige 24-Stunden-Aktionen gestartet. Wegen der vielen Unfälle von Motorradfahrern versucht die Polizei, diese Zielgruppe ab April mit Präventionsveranstaltungen unter dem Motto „Biken ist SICHER cool“ zu erreichen.

Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) erklärte, dass Unfallschwerpunkte zwar schnell erkannt werden, Verbesserungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit aber oft zu lange dauerten, weil sich zu viele Beteiligte abstimmen müssten. Gaebler kündigte an, dass seine Verwaltung den Umbau von Kreuzungen künftig koordiniere. Wie mehrfach berichtet hatte es zum Beispiel in der Schöneberger Bülowstraße sieben Jahre gedauert, bis ein Radweg nicht mehr im Gegenverkehr von Autos endete. 2007 war der Bau innerhalb eines Jahres angekündigt worden, tatsächlich fertig wurde der kurze Zwei-Richtungs-Radweg Ende 2014.

Interessante Fakten aus der Verkehrsunfallbilanz: Alle vier Minuten ein Unfall

In Berlin sterben die wenigsten Menschen im Verkehr gemessen an der Einwohnerzahl. In den ostdeutschen Flächenländern sind es vier Mal so viele.

Nicht nur die Zahl der Verkehrstoten ist gestiegen, auch die der Schwerverletzten: von 1905 auf 2034.

Alle vier Minuten wurde die Polizei 2014 zu einem Unfall gerufen. Alle zwei Stunden verunglückte ein Radler, alle sechs ein Rentner. Der volkswirtschaftliche Schaden: 1,26 Milliarden Euro.

Die meisten Unfälle, überwiegend mit Blechschaden, gab es am Ernst-Reuter-Platz (460), am Schlesischen Tor (256) und am Jakob-Kaiser-Platz (251).

Die meisten Unfälle mit Personenschaden gab es am Alexanderplatz (32), am Ernst-Reuter-Platz (32) und an der Ecke Gitschiner / Prinzenstraße (26).

Bei 29 000 der 132 000 Unfälle floh einer der Beteiligten vom Unfallort.

710 Kinder verunglückten, keines starb, 116 wurden schwer verletzt.

Radfahrer sind am stärksten durch abbiegende Autos gefährdet (1595 Fälle und vier Tote). Sich selbst gefährden Radler am stärksten durch Benutzen der falschen Fahrbahn (940 Fälle). Radfahrer töteten 2014 zwei Senioren an Bushaltestellen.

Lesen Sie hier den Kommentar von Jörn Hasselmann: "Keine Schonung für Rotlichtsünder"

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