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Teure Träume. Das Rathaus Zehlendorf sollte das Klima schonen.

© Thilo Rückeis

Exklusiv

Vertrauliches Rechnungshof-Papier: Rathaus Zehlendorf: 1,6 Millionen Euro verheizt

Der Berliner Südwesten wollte sein Rathaus klimafreundlich sanieren. Jetzt rügt der Rechnungshof in einem vertraulichen Papier die Kosten: Rund 1,6 Millionen Euro wurden für das gescheiterte Projekt ausgegeben.

Zum klimafreundlichsten Verwaltungsgebäude Europas sollte das sanierungsbedürftige Rathaus Zehlendorf werden, Bezirkspolitiker schwärmten von einem „Vorzeigeprojekt“. Doch dann stiegen die Kostenberechnungen immer weiter an – von ursprünglich 11,6 bis 14,7 Millionen Euro auf zuletzt 35 Millionen. Steglitz-Zehlendorf stieg aus dem Projekt aus. Da waren allerdings schon 1,6 Millionen Euro ausgegeben. Der Rechnungshof rügt nun die Verschwendung von Steuergeld.

Die 2008 begonnene Vorbereitung des Projekts „Sanierung Rathaus Zehlendorf Energie Null (Sarazenu)“ sei „geprägt von schweren Verstößen gegen geltende Vorschriften, erheblichen Verfahrensmängeln und gravierenden Steuerungsdefiziten“, heißt es in einem vertraulichen Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt. Es wurde dem Bezirk zur Stellungnahme zugesandt und ist eine Vorstufe des für Mai geplanten Jahresberichts des Rechnungshofs.

Ohne Kostenschätzungen einer externen Firma ausreichend zu überprüfen, trotz „erkennbar unvollständiger Planungen“ und „entgegen massiver Einwände der Baudienststelle zur Wirtschaftlichkeit“ habe das Bezirksamt das Verfahren bis zum April 2011 fortgesetzt. Der „verspätete Projektabbruch“ habe zu „vermeidbaren Ausgaben von bisher mehr als einer Million Euro“ geführt, schreiben die Prüfer. Als sie ihr Papier verfassten, lief auch noch ein Rechtsstreit zwischen dem Sieger des Architektenwettbewerbs und dem Bezirk. Das Büro KSP forderte zusätzliche 1,15 Millionen Euro. Inzwischen haben sich beide Seiten auf knapp 600 000 Euro geeinigt. So kommt es zum Gesamtschaden von rund 1,6 Millionen Euro, den Bürgermeister Norbert Kopp (CDU) einräumt.

Die Sanierung mit neuer Wärmedämmung sollte den Heizenergieverbrauch um 80 Prozent senken. Den Rest hätten Biogas, Sonnenenergie sowie die Körperwärme der Mitarbeiter und Besucher geliefert. Offenbar wurde anfangs aber nicht berücksichtigt, dass große Teile der Haustechnik zu erneuern gewesen wären. Allein für den Brandschutz kalkulierten die Architekten später mit drei Millionen Euro. Zum Rathauskomplex zwischen Kirchstraße, Martin-Buber-Straße und Teltower Damm gehören neben dem denkmalgeschützten Altbau von 1929 auch zwei Gebäude aus den 50er und 70er Jahren. Das neueste ist das marodeste, es wird auch schon über dessen Abriss und Neubau diskutiert.

Jetzt geht es nur noch um das Nötigste

Nun streiten die Bezirkspolitiker darum, wer die Schuld am Scheitern trägt. Die SPD sieht ein „schwarz-grünes Desaster“. Fraktionschef Norbert Buchta wirft Bürgermeister Kopp und der ehemaligen Umweltstadträtin Anke Otto (Grüne) vor, sie hätten das Bauamt zum „Befehlsempfänger“ gemacht. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, „könnte es zu einem Abwahlantrag gegen den Bürgermeister kommen – um ein Zeichen zu setzen“, so Buchta. Mit der für eine Abwahl erforderlichen Zweidrittelmehrheit ist wegen der schwarz-grünen Zählgemeinschaft in der BVV aber nicht zu rechnen.

Teils begrünte Fassade des Rathauses Zehlendorf.
Rathaus Zehlendorf.

© Thilo Rückeis

Die Fraktionsvorsitzenden der CDU und der Grünen, Torsten Hippe und Uwe Köhne, verweisen auf die Zuständigkeit des Bauamts für Sanierungen – damit belasten sie Ex-Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD). Bürgermeister Kopp betont: „Die Bauabteilung war von Anfang bis Ende eingebunden.“ Stäglin ist heute Baudezernent in Halle. Er sieht sich an Verschwiegenheitspflichten gebunden, deutet aber an, es habe „deutliche Hinweise“ auf höhere Kosten und „intensive Diskussionen“ gegeben.

Der Rechnungshof rügt die Kompetenzverteilung. Zur Steuerungsgruppe gehörten Kopp, Otto und Stäglin. Aber „relevante Teile der baufachlichen Bedarfs- und Grundlagenermittlung“ wurden laut Rechnungshof „nicht bei der für Bauen zuständigen Abteilung belassen“, sondern dem Umweltamt übertragen. Und dieses verließ sich in großen Teilen auf ein externes Institut.

Als grundlegenden Fehler und eine Ursache unzureichender Überprüfungen wertet der Rechnungshof, dass die von Kopp geführte Abteilung Personal und Finanzen die Sanierung nur als „bauliche Unterhaltung“ deklarierte. Es sei aber „eindeutig“ um eine Baumaßnahme gegangen, zu der beispielsweise ein großer Warmwasserspeicher unter einem Parkplatz gehört hätte.

Im Rathaus laufen unterdessen Bauarbeiten; es geht allerdings nur noch ums Nötigste. Unter anderem wurden fehlende Brandschutztüren installiert.

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