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Bürgeramt Fröbelstrasse, Prenzlauer Berg. Wer zur Zeit die Dienste des Bürgeramts in Anspruch nehmen möchte, sollte sich Zeit und etwas zum Lesen mitbringen.

© Kai-Uwe Heinrich

Verwaltung in Berlin: Neue Software macht Bürgerämter noch lahmer

Die Bezirke haben Probleme mit dem neuen Computerprogramm für Meldedaten. Aber auch in anderen Bereichen wird es eng.

Zu den bekannten Problemen in den Bürgerämtern kommen weitere durch das neue Computerprogramm für Meldedaten hinzu. Auch gut einen Monat nach der Einführung des Systems läuft es nach Angaben der Gewerkschaft Verdi alles andere als rund. Teile der Software-Module funktionierten nicht, andere seien fehlerhaft. Da das System dann nur langsam arbeite, bedeute dies für Beschäftigte und Bürger längere Wartezeiten, sodass weniger Fälle bearbeitet werden können.

Die Gewerkschaft geht davon aus, dass die Kapazitäten um 20 bis 30 Prozent reduziert sind. Auch die Vorbereitungen der Umstellung und die Mitarbeiterschulungen waren laut Verdi nicht ausreichend.

In der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf sagte die zuständige Stadträtin Dagmar König (CDU) am Donnerstag, es dauere manchmal 40 Minuten, „bis das System auf eine Abfrage anspricht“. Es stürze auch immer wieder ab, ein Neustart könne eine halbe Stunde dauern. Einige Formulare fehlten in der Software, andere könnten nicht am Bildschirm bearbeitet werden; man müsse sie ausdrucken und per Hand ausfüllen. Geräte wie Scanner, Drucker und Fingerabdruckscanner würden nicht überall vom Computer erkannt.

Das System bringt die Mitarbeiter an ihre Grenzen

So verzögerten sich vereinbarte Termine zum Teil um zwei Stunden. Außerdem sei das System für Kartenzahlungen am Donnerstag in der City West ausgefallen. „Die Mitarbeiter sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit“, sagte König. Da man Termine am jeweiligen Tag abarbeiten müsse, „wissen die Kollegen nie, wann sie Feierabend haben“.

Nach Auskunft der Senatsinnenverwaltung liegt all dies nicht an der Software, sondern an der unterschiedlichen IT-Infrastruktur in den Bezirken. Jetzt sollen bis Mitte März direkt in den Bezirken Lösungen gesucht werden. Innensenator Frank Henkel (CDU) habe schon lange darauf hingewiesen, dass „eine dezentrale Ressourcenverantwortung im IT-Bereich mehr Fluch als Segen ist“, sagte ein Sprecher. Je länger die Mitarbeiter mit dem Programm arbeiten, desto weniger Probleme werde es geben.

Die regulären Termine sind auf Monate ausgebucht

Geduldsprobe. Wer derzeit zum Bürgeramt muss, braucht starke Nerven. Zum einen gibt es keine Termine, zum anderen macht die neue Software in der Behörde Probleme.
Geduldsprobe. Wer derzeit zum Bürgeramt muss, braucht starke Nerven. Zum einen gibt es keine Termine, zum anderen macht die neue Software in der Behörde Probleme.

© imago/Stefan Zeitz

Seit Monaten sind die Bürgerämter ohnehin komplett überlastet. Im Internet gibt es in der Regel keine Termine, weder für An- und Ummeldung noch für die Beantragung eines neues Reisepasses oder Ausweises. Auf zwei Monate hinaus ist alles ausgebucht. Inzwischen steht auf einer zentralen Seite, dass man sich zumindest für An- und Ummeldung telefonisch einen Termin buchen kann. Auf bezirklichen Seiten fehlt der Hinweis jedoch. Ein Testanruf unter der Nummer 9024 990 war am Donnerstag sofort erfolgreich. Eine Mitarbeiterin bot für den kommenden Tag einen Termin im Wunschbürgeramt an. Die Nummer gilt nicht für andere Anliegen. Für diese muss man sich unter der zentralen Servicenummer 115 anmelden. Dort war am Donnerstag bei mehr als einem Dutzend Versuchen jedoch kein Durchkommen.

Wegen Personalmangels stapeln sich die Aktenberge

Mitarbeiterengpässe gibt es auch in anderen Bereichen der Bezirke zuhauf. Die BVV Steglitz-Zehlendorf diskutierte am Mittwoch lange über die Personalnot im Jugendamt. Dort waren Ende vorigen Jahres 44 Stellen unbesetzt. Auch im Sozialamt des Bezirks reicht die Personaldecke nicht. Die Leistungsstelle an der Leonorenstraße in Lankwitz ist seit knapp zwei Wochen für den Publikumsverkehr geschlossen und bleibt es bis Ende kommender Woche. Sozialstadtrat Frank Mückisch (CDU) nannte dies unumgänglich, um Aktenberge abzuarbeiten. Derzeit fehle in der Abteilung aufgrund von Krankheit und unbesetzten Stellen rund die Hälfte der Mitarbeiter. Für dringende Fälle gebe es aber einen Notdienst.

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