zum Hauptinhalt
Ein Besucher probiert das virtuelle Abenteuer der Berliner Firma "Illusion Walks" aus.

© Nantke Garrelts

Virtual Reality: Technologie aus Berlin, Geschichten aus Brandenburg

Bei einer Diskussion zu Virtual Reality in der brandenburgischen Landesvertretung stellte die junge Industrie ihre Innovationen vor.

Wer beim Stichwort „Virtual Reality in Brandenburg“ an virtuelle Wanderungen durch die Mark Brandenburg denkt, hat sich geirrt. Brandenburger Entwickler versetzen die Nutzer stattdessen lieber in den Weltraum, in einen Konferenzraum oder ins Automuseum. Ist die klobige Brille erst einmal aufgesetzt und die Sprachauswahl getroffen, flackert ein Autodesigner als leuchtender Däumling auf dem Stehtisch auf, neben ihm sein Modell. Wie das Hologramm des weisen Yoda aus „Star Wars“ erklärt er den Aufbau des Wagens, während der Betrachter das Modell Fahrzeug und seinen Schöpfer von allen Seiten bewundern kann. Fabian Quosdorf von der Firma Wonderlamp Industries hat die Animation für einen großen deutschen Autohersteller entwickelt. Mit leuchtenden Augen erzählt er dann auch von den Möglichkeiten virtueller Realität in Museen, räumt aber auch ein: „Für jemanden, der noch nie so eine Brille benutzt hat, ist vor allem das eingeschränkte Sichtfeld am Anfang unangenehm.“

Experten: Wirtschaftszweig kämpft noch mit Kinderkrankheiten

Auch Susanne Stürmer, Präsidentin der Filmuniversität Babelsberg, hat noch Vorbehalte: „Ich hasse es, die Brille aufzusetzen. Sie wissen, die Frisur.“ Bisher gebe es auch zu wenige Inhalte, die ein breiteres Publikum begeistern könnten, denn einfach einen herkömmlichen Film durch die zwischen 450 und 900 Euro teuren Brillen zu schauen, ergibt für den Zuschauer keinen Mehrwert. So ähnlich klingt der Tenor auch unter den anderen Diskutanten. Von Beschränkungen ist viel die Rede bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Digitaler Wandel: Welche Chancen bietet Virtual Reality für die Brandenburger Wirtschaft?“ in der brandenburgischen Landesvertretung: Zu klein sei der Markt, zu wenig ansprechende Filme und andere Medieninhalte gebe es bisher, zu wenig Kapital fließe daher in Firmen, die Innovationen schaffen wollen.

Begehbare Plattform in Berlin

Der Vorsitzende des Virtual Reality e.V. Berlin-Brandenburg, Stephan Schindler, meint: „Die Technologiekompetenz liegt eher in Berlin, das Storytelling kommt aus Brandenburg, vor allem Babelsberg.“ Julien und Jim Rüggeber sind der lebende Beleg für Schindlers These: Die Brüder sind mit ihrer Firma „Illusion Walk“ in Charlottenburg angesiedelt und entwickeln gerade eine begehbare Plattform, in der man ein etwa 20 Minuten dauerndes Abenteuer mit Geruchs-, Hör- und Fühlerlebnis durchwandern kann. An diesem Abend haben sie zwar nur eine abgespeckte Version ihres „Immersive Deck“ dabei. Trotzdem können dem Nutzer ganz schön die Knie weich werden, wenn er plötzlich auf ein Raumschiff gebeamt wird und dann frei im Weltall schwebt, die Erde zu seinen Füßen.

Kleine und mittelgroße Unternehmen im Nachteil

Doch innovative Entwicklungen sind teuer und Investitionen in unausgereifte Technologien riskant. Etablierte Firmen wie Rolls Royce können sich die industrielle Nutzung zwar leisten – am Standort in Dahlewitz arbeiten Ingenieure in einer sogenannten Cave, also einem für Virtual Reality eingerichteten Raum, bereits an Getrieben, ohne dabei ein einziges Bauteil anzufassen, berichtet Designchef Marius Swoboda. Für kleine und mittelständische Unternehmen ist das aber kaum zu leisten. Während Brandenburgs Wirtschafts- und Energieminister Albrecht Gerber die landeseigenen Förderprogramme verteidigt, hält Schindler dagegen: „Vom Fördern alleine werden wir keinen Innovationshype wie im Silicon Valley bekommen“.

Erschwingliche Geräte sind im Kommen

Der Eigentümer von Wonderland Industries setzt daher auf niedrigschwellige Lösungen im Lernbereich: Etwa eine kostenlose App, mit der Nutzer ihre eigenen Animationen kreieren können. Zu diesem Zweck spannt man einfach ein Smartphone in eine Art Taucherbrille, die bereits für 60 Euro zu haben ist. Entwickler Fabian Quosdorf demonstriert die App „DJINNI“, bei der man animierte Charaktere, ähnlich wie die Figuren aus dem Computerspiel „Die Sims“, per Controller zum Sprechen, Streiten und Tanzen bringen kann. So unterhaltsam wie das ist, so nützlich könnte es etwa für Schulungsvideos sein – wenn denn die Fernbedienung beim Klicken funktionieren würde. Und ob es den Brandenburgern bei den Problemen mit der Netzversorgung – Stichwort Funklöcher – in ihrem Bundesland überhaupt gelingen würde, so ein Video hochzuladen, ist ebenso unklar wie die Zukunft dieser jungen Industrie.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false