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Werbearbeit leisten: Claudia Liebers ist auf Unterschriften-Jagd zum Volksbegehrens "Neue Energie für Berlin" auf dem Alexanderplatz in Berlin.

© Ralf Hirschberger/dpa

Volksbegehren des Berliner Energietisch: Weg frei für die Volksabstimmung

265 000 Berliner unterschrieben fürs kommunale Stromnetz. Jetzt ist der Weg frei für den Volksentscheid. Initiative, Grüne, Linke und Piraten wollen den Volksentscheid an die Bundestagswahl koppeln.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Volksbegehren des Berliner Energietischs wurde von 265 000 Berlinern unterschrieben. Das gaben die Initiatoren am Dienstag bekannt. Auch wenn einige Stimmen ungültig sein sollten, wäre damit die gesetzliche Hürde genommen und der Weg frei für einen Volksentscheid. Vielleicht am 22. September, dem Tag der Bundestagswahl, werden die wahlberechtigten Bürger darüber abstimmen, ob ein Stadtwerk gegründet werden soll, das eine kommunal gesteuerte Energieversorgung mit reinem Ökostrom langfristig sicherstellen könnte.

Ein weiteres Ziel ist die Senkung des Energieverbrauchs in Berlin. Eine landeseigene Netzgesellschaft soll den Stromvertrieb komplett übernehmen. Derzeit gehört das Netz einer Tochtergesellschaft des Energiekonzerns Vattenfall. Allen Beschäftigten dieses privaten Unternehmens soll die Übernahme in die öffentliche Netzgesellschaft angeboten werden. Außerdem sieht der Gesetzentwurf des Energietischs, der mit dem Volksentscheid zur Abstimmung stehen wird, starke Beteiligungsrechte der Bürger für die künftige Energiepolitik Berlins vor.

Nach Volksbegehren: Volksentscheid an die Bundestagswahl koppeln?

Der Sprecher des Energietischs, Stefan Taschner, warnte den Senat davor, den Volksentscheid vom Termin der Bundestagswahl abzukoppeln mit dem Ziel, die Abstimmungsbeteiligung zu drücken. Solche Überlegungen wurden zumindest zeitweise in Koalitionskreisen angestellt. „Dies wäre eine grobe Missachtung demokratischer Spielregeln“, sagte Michael Efler, Vertrauensperson des Volksbegehrens. Grüne, Linke und Piraten unterstützen die Forderungen des Energietischs und werden am Donnerstag im Abgeordnetenhaus gemeinsam beantragen, dass der Volksentscheid am 22. September stattfindet. Die Festlegung des Termins ist aber Sache des Senats.

„Mit dem Erfolg des Volksbegehrens erwacht der Klimaschutz in Berlin aus einem jahrelangen Dämmerschlaf“, sagte der Grünen-Abgeordnete Michael Schäfer. Die rot-schwarze Koalition habe damit eine schwere Schlappe erlitten. Der Landeschef der Linken, Klaus Lederer, sprach von einem „starken Signal“. Die Forderung nach einer Rekommunalisierung der Energiewirtschaft finde bei den Berlinern breite Unterstützung. Auch der SPD-Umweltexperte Daniel Buchholz beglückwünschte die Initiative zum „beeindruckenden Erfolg“. Deren Forderungen lägen „ganz auf Linie“ der Sozialdemokraten. Über Details müsse man sprechen, etwa über die vorgeschlagene „sehr intensive“ Bürgerbeteiligung am Betrieb der Stadtwerke und des Stromnetzes.

CDU: Rücklauf des Stromnetzes ist ein "unternehmerisches Risiko"

Der CDU-Abgeordnete Michael Garmer warnte hingegen vor den „unternehmerischen Risiken“, die das Land Berlin mit einem Rückkauf des Stromnetzes auf Pump und den damit verbundenen „milliardenschweren Investitionen“ auf sich nehme. Trotzdem respektiere die Union den Wunsch der Berliner, die unterschrieben hätten, sich um die Energiepolitik der Stadt selbst kümmern zu wollen.

Die Innenverwaltung des Senats muss bis zum 25. Juni feststellen, wie viele gültige Unterschriften für den Volksentscheid vorliegen. Danach wird sich das Abgeordnetenhaus mit dem Thema befassen. Es kann den Vorschlag ignorieren, ablehnen, aber auch in wesentlichen Teilen übernehmen. In diesem Fall erledige sich die Abstimmung. Oder das Landesparlament legt einen eigenen Gesetzentwurf vor, über den am Tag des Volksentscheids alternativ abgestimmt würde.

Bisherige Versuche, zwischen rot- schwarzer Koalition und Energietisch einen Kompromiss auszuhandeln, sind gescheitert.

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