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Vorbereitungen der Polizei: Mobilmachen für den 1. Mai

Die autonome Szene will Unter den Linden demonstrieren, auch gegen den Willen der Polizei. Im Vorjahr blieb der Tag außergewöhnlich friedlich – für dieses Mal wagen die Behörden keine Prognose.

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Erstmals hat die Polizei vor dem 1. Mai die exakten Routen der links- und rechtsextremistischen Demonstrationen veröffentlicht. In den vergangenen Jahren waren vor allem die Strecken von Neonazidemos verschwiegen worden, um Gegendemonstranten keine Möglichkeit zur Vorbereitung von Protesten oder Blockaden zu geben. Über den Umgang mit Demonstrationsrouten war mehrfach im Abgeordnetenhaus diskutiert worden. Polizeipräsident Kandt sagt, die Polizei werde dadurch mehr Arbeit haben, um beide Seiten zu trennen. „Das ist der Preis der Transparenz.“ Laut Kandt dürfen die Proteste gegen den Aufmarsch in Schöneweide in Hör- und Sichtweite zur NPD-Demo stattfinden.

Die autonome Szene erwartet, dass die Polizei bei der „Revolutionären 1. Mai-Demo“ verhindern wird, dass Linksextremisten ins Regierungsviertel ziehen. Jonas Schiesser von der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin (Arab) sagte am Freitag, dass es beim Senat „den politischen Willen gibt, die 18-Uhr-Demo in Kreuzberg zu lassen“. Auch 2012 wollte die linke Szene auf den Boulevard Unter den Linden, doch schon in Höhe des Jüdischen Museums stoppte die Polizei den Aufzug, nachdem es zu Steinwürfen gekommen war. Danach zerstreuten sich die Teilnehmer. Innerhalb der Szene wurde anschließend kontrovers diskutiert, ob eine Demo außerhalb des eigenen Bezirks Kreuzberg sinnvoll sei. In Mitte fehle es an „Deckungsmöglichkeit für militante Aktionen“, so die Kreuzberg-Befürworter. Die linksextremistische Szene bereitet sich nach eigenen Angaben auf eine erneute polizeiliche Auflösung vor. „Wir haben uns einiges überlegt, um nach Mitte zu kommen.“ Die Ideen sollen erst kurz vor Demo-Beginn kommuniziert werden. Laut Polizei darf die Abenddemo bis Unter den Linden in Höhe der Russischen Botschaft ziehen. Ei ne Auflösung der Demo sei nur bei Ausschreitungen möglich. Der Endpunkt liegt dann am Büro der Europäischen Kommission am Pariser Platz.

Die Eurokrise ist für die linke Szene nach 2012 auch in diesem Jahr eines der wichtigsten Themen – deshalb auch die Demo nach Mitte. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden ist es der linken Szene jedoch nicht gelungen, mit dem Thema Eurokrise breit zu mobilisieren. Das gleiche gelte für den Themenkomplex Mieten /Gentrifizierung. Das sagte Innenstaatssekretär Bernd Krömer auf der Polizei-Pressekonferenz zum 1. Mai.

Für die rechte Szene wird der 1. Mai eine interne Kraftprobe

Wie in den Vorjahren werden 7000 Polizisten im Einsatz sein. Nach zwei Jahren Pause darf die Polizei an diesem 1. Mai wieder Bilder von den Demonstrationen ins Präsidium senden. 2010 hatte das Berliner Verwaltungsgericht entschieden, dass eine solche Beobachtung einer Versammlung mittels eines Video-Wagens eine Rechtsgrundlage brauche. Seither hat die Polizei auf derartige Gesamtaufnahmen verzichtet. Nun hat die Große Koalition ein Gesetz verabschiedet, dass noch im April in Kraft tritt. Laut Polizeipräsident Klaus Kandt werden die Übersichtsaufnahmen nur vom Hubschrauber und von wenigen Hochhäusern aus gedreht. „Wir speichern und zoomen nicht“, versicherte Kandt. Übersichtsaufnahmen von Handkameras oder von Fahrzeugen würden nicht gemacht. Vor den Demonstrationen will die Polizei bekannt geben, von welchen Häusern gefilmt wird.

Staatssekretär Krömer hofft, dass die Entwicklung hin zum friedlichen 1. Mai sich fortsetzt. 3000 Beamte werden am Dienstagabend die Demo der linken Szene in Wedding begleiten. 2012 war die Walpurgisnacht die mit Abstand ruhigste der vergangenen Jahre gewesen. Schwieriger wird der doppelte Einsatz am 1. Mai. Denn nach Jahren Pause hat die NPD wieder eine Demo angemeldet, und zwar am Vormittag durch Schöneweide. Hier erwartet die Polizei Blockadeversuche durch Gegner, die sich im Bündnis „1.Mai - Nazifrei“ formieren. Dazu gehören auch prominente Demokraten, darunter die Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) und Petra Pau (Linkspartei). Thierse hatte sich am 1. Mai 2010 zusammen mit dem früheren Justizsenator Wolfgang Wieland in Prenzlauer Berg auf die Straße gesetzt, um den Aufmarsch von Neonazis zu stoppen.

Für die rechte Szene wird der 1. Mai eine interne Kraftprobe. Die NPD versammelt sich in Berlin und Frankfurt/Main, die Konkurrenzpartei „Die Rechte“ will in Dortmund aufmarschieren. Sicherheitskreise erwarten, dass die NPD in Berlin und Frankfurt insgesamt maximal 700 Teilnehmer zusammenbekommt – der im vergangenen Jahr gegründeten und nicht bundesweit vertretenen Partei „Die Rechte“ werden hingegen nur für Dortmund 500 zugetraut, darunter viele gewaltbereite Neonazis. Die Demonstration dort halten Sicherheitsexperten für riskanter als die Veranstaltungen der NPD in Berlin und Frankfurt. Die NPD werde angesichts des bevorstehenden Verbotsverfahrens bestrebt sein, Gewalt von ihrer Seite zu vermeiden. Die Mobilisierung für die Aufmärsche sei flau. Die Szene sei frustriert über die vielen Blockaden durch Nazi-Gegner. Außerdem spürten die Rechtsextremen den stärkeren Staatsdruck als Folge des NSU-Terrors.

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