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Haben Polizisten aus Brandenburg interne Informationen an einen rechtsextremen Blog weitergegeben? Ermittlungen in diese Richtung laufen.

© obert Schlesinger/dpa

Vorwürfe gegen Polizei in Brandenburg: Auf dem rechten Auge blind?

In der Brandenburger Polizei gibt es wohl ein Leck. Interne Meldungen zu einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingswohnung fanden ihren Weg zu einem Rechten Blog.

Wieder scheint es ein Problem mit Rechten in den Reihen von Brandenburgs Polizei zu geben: Eine interne Meldung der Ermittler zu dem Brand vor einer Flüchtlingswohnung Ende Juli in Brandenburg/Havel wurde offenbar aus Polizeikreisen an den rechtspopulistischen Blog „PI News“ weitergegeben. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Potsdam bestätigte den PNN die Echtheit der dort veröffentlichten Meldung. Interne Untersuchungen laufen bereits – es könnte auf Geheimnisverrat hinauslaufen. Der Blog, der bundesweit vor allem für seine radikale Islamfeindlichkeit bekannt ist, veröffentlichte am Dienstagabend die Meldung, die mit „PI BRB“, also Polizeiinspektion Brandenburg, und „nicht pressefrei“ überschrieben ist. Betreff des internen Dokuments ist ein Brand an der Tür einer Flüchtlingsfamilie – ein Ehepaar mit drei Kindern – in Brandenburg/Havel vor etwa einem Monat. Zunächst deutete alles darauf hin, dass es sich um einen Brandanschlag auf die seit mehreren Jahren in der Wohnung lebende Familie handelte; der Türspion war überklebt worden, eine in Benzin getränkte Zeitung an der Wohnungstür wurde in Brand gesetzt. Weil der Familienvater den Brand rechtzeitig löschen konnte, wurde niemand verletzt. Der Vorfall hatte aufgrund eines anzunehmenden fremdenfeindlichen Hintergrunds eine Welle der Empörung ausgelöst, unter anderem Brandenburgs Bürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) – dessen Wahlkreis in Brandenburg/Havel liegt –, äußerten sich entsetzt.

Quelle aus "Polizeikreisen"

Wie aus der durch den rechtspopulistischen Blog veröffentlichten Meldung hervorgeht, ermittelten die Behörden aber auch gegen die 24-jährige Mutter der Familie. Dem Schreiben zufolge haben Polizeiermittler Widersprüche zwischen ihren Aussagen und denen ihres Ehemannes festgestellt, vor allem den zeitlichen Verlauf und „Wahrnehmungen im Wohnungsinneren“ betreffend. Zeugenaussagen hätten zudem weitere Widersprüche ergeben. Und: Die 24-Jährige habe im Jahr 2014 einen Suizidversuch vorgetäuscht, „um offenbar „mehr Zuwendung des Ehemannes zu erlangen“, heißt es in dem Bericht weiter. Daraufhin ergab sich für die Ermittler ein Anfangsverdacht gegen die 24-Jährige. Dieser habe sich nach einer Befragung jedoch nicht erhärtet, teilte Christoph Lange, Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam, mit. Es werde weiter in alle Richtungen ermittelt. Interne Untersuchungen zu dem möglichen Datenleck würden bereits laufen, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums in Potsdam den PNN. Es werde geprüft, wie das Dokument an den rechtspopulistischen Blog gekommen sei und ob es sich dabei um ein Dienstvergehen handelt. Ermittlungen wegen Geheimnisverrats seien nicht ausgeschlossen. Es handele sich bei der Meldung um ein Dokument des Polizeipräsidiums, auf das die in die Ermittlungen involvierten Polizisten Zugriff haben, so der Sprecher weiter. Auch „PI News“ verortet die Quelle in „Polizeikreisen“.

Polizisten reagierten nicht auf "Heil Hitler"-Rufe

In den Dateiinformationen des Screenshots findet sich nach PNN-Informationen als Ursprungs-Autor der Name „Angelina“ – dieser könnte Computerspezialisten zufolge jedoch auch nachträglich manipuliert worden sein. Erst kürzlich musste sich wie berichtet Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke mit Rechtsextremen in den eigenen Reihen befassen: Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt gegen zwei Beamte aus Schwedt wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt, weil sie eine Strafanzeige gegen Neonazis wegen Propagandadelikten unterlaufen haben sollen. Die Funkstreifenbesatzung soll es 2014 auf öffentliche „Heil Hitler“-Rufe durch junge Männer unterlassen haben, deren Personalien aufzunehmen. Brisant ist, dass einer der beiden Polizisten einschlägig vorbelastet ist: Er hat 2006 als damaliger LKA-Beamter am „Heldengedenken“ teilgenommen, an Aufmärschen von Rechtsextremen in Halbe und Seelow. Er erhielt einen Verweis und wurde versetzt.

René Garzke

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