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Unter Druck: Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg.

© dpa

Möglicher Amtsmissbrauch: Justizminister stoppt Verlegung eines Gefangenen

Ein Mann sitzt wegen Vergewaltigung im Gefängnis. Auch dort soll er kriminell sein und verlegt werden. Doch da ruft er einen Bekannten an: Brandenburgs Justizminister. Und prompt wird der Umzug gestoppt.

Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) steht im Verdacht, sein Amt missbraucht zu haben, um einen seiner ehemaligen Mandanten vor der eigenen Justizverwaltung zu schützen. Nach Tagesspiegel-Informationen hat sich der frühere Strafverteidiger am Mittwochabend in seiner Funktion als Minister persönlich in einem Verfahren der Verwaltung für seinen ehemaligen Mandanten W. eingesetzt.

Detlef W. sitzt wegen Entführung und Vergewaltigung eines Kindes eine langjährige Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Brandenburg/Havel ab. Er sollte nach dem Willen der Gefängnisleitung und der zuständigen Fachabteilung des Justizministeriums am Donnerstagmorgen in eine andere Haftanstalt nach Cottbus verlegt werden. Der Grund: W. soll „subkulturell und erpresserisch“ tätig sein – in der Anstalt andere Gefangene erpressen und nötigen. So soll er Insassen mit Freigang zwingen, ihm Drogen und Gegenstände wie Mobiltelefone in die JVA zu schmuggeln und ihm Einkäufe zu überlassen.

Schöneburg lehnt Rücktritt ab

Schöneburg hatte am Mittwoch der von den Fachleuten empfohlenen Verlegung seines Ex-Mandanten widersprochen und die Sicherheitsmaßnahme, die dem Schutz anderer Gefangener und der Verhinderung von Straftaten dienen sollte, kurzfristig untersagt. Am Abend musste die Aktion auf Weisung des Justizstaatssekretärs abgeblasen werden.

Schöneburg gab am Donnerstag zu, die sogenannte Sicherheitsverlegung gestoppt zu haben – lehnte einen Rücktritt aber ab. Die Verlegung wäre wegen der damit verbundenen Zwangsmaßnahmen unverhältnismäßig gewesen. Deshalb seien es als milderes Mittel am Donnerstagmorgen die Hafträume mehrerer Gefangener durchsucht worden. Die Anstaltsleitung verdächtige W. der Nötigung und des Drogenhandels und habe Strafanzeige gestellt. Aus Justizkreisen hieß es, W. habe zuvor mit Gewalt und Selbstmord gedroht, sollte er verlegt werden. Durch Schöneburgs Entscheidung sei die JVA komplett lahmgelegt worden, man werde sich künftig sehr genau überlegen müssen, ob gefährliche Gefangene überhaupt noch verlegt werden können.

Nach Tagesspiegel-Informationen hat W. regelmäßig eine private Mobiltelefonnummer angerufen, die Schöneburg noch aus seiner Zeit als Anwalt genutzt hat. In Sicherheitsbehörden ist die Rede von wöchentlichen Telefonaten vom Festnetzapparat der Anstalt zur Mobilnummer Schöneburgs. Am Donnerstag räumte der Minister nur ein, dass W. regelmäßig auf seinem Handy angerufen und die Mailbox besprochen hat. Er habe auch einige der Nachrichten abgehört. „Das war eine Einbahnstraße“, sagte Schöneburg. Aus der Anstalt ist dagegen von teils minutenlangen Gesprächen die Rede, die registriert wurden.

Justizminister räumt Fehler ein

Überdies sollen W. und sein Lebenspartner René N., beide lebten sein Jahren in einer Zelle, immer wieder mit ihren guten Kontakten zum Minister gedroht haben, zuletzt Ende November, als N. in die Sicherungsverwahrung verlegt wurde, nachdem er seine Haftzeit verbüßt hatte. Das Paar trat in den Hungerstreik wegen der aus ihrer Sicht zu harten Besuchsregelungen, beendete diesen aber auf Anraten Schöneburgs, der ein Gespräch der Anwälte mit der Anstaltsleitung einfädelte.

Schöneburg räumte nur einen Fehler im Umgang mit seinem Ex-Mandaten ein: Dass er die Nummer nicht schon früher für Anrufe aus der JVA gesperrt habe. Dies habe er erst jetzt getan, nachdem W. mehrfach im Vorfeld der Trennung von seinem Lebenspartner bei ihm angerufen habe. Ansonsten haber er sich nie eingemischt, die Gefangenen sei durch seien Weisungen nicht privilegiert worden. Schöneburg hatte Detlef W. und dessen Lebenspartner René N., von 2001 bis 2006 vertreten und gegen die Gefängnisleitung eine Sonderbehandlung durchgesetzt: Das Paar wurde in einer Zelle untergebracht – was nicht nur in Brandenburg, sondern deutschlandweit ein Privileg ist. In der Justiz sorgte der Sonderstatus der beiden Sexualverbrecher für Unmut. Die beiden Männer hatten sich 1982 im Gefängnis kennengelernt und wurden ein Paar. W. war wegen Mordes an einer 16-Jährigen und N. wegen versuchten Mordes und Vergewaltigung verurteilt. Wenige Monate nach ihrer Entlassung hatten sie 1999 eine 13-Jährige entführt und brutal vergewaltigt, im Jahr 2000 wurden sie dafür vom Landgericht Leipzig zu lebenslanger Haft verurteilt.

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