zum Hauptinhalt
Hotspot Hermannplatz. Der Platz ist weit über die Grenzen Neuköllns bekannt.

© Mike Wolff

Wahlkreisserie vor der Bundestagswahl: Neukölln - schwarzer Süden, bunter Norden

In Britz, Buckow, Rudow ist die CDU stark. Die AfD macht ihr mancherorts zu schaffen. Nord-Neukölln war einst SPD-Stammland. Aber Linke und Grüne holen hier auf.

Während sich im Reuterkiez ein internationales Publikum beim Soja-Latte-Macchiato über seine MacBooks beugt, beginnt nur wenige Meter weiter in der Sonnenallee die arabische Seite des Bezirks. Friseursalons reihen sich an Geschäfte mit orientalischen Backwaren, der Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund liegt hier teilweise bei 70 Prozent.

Südlich der Ringbahn liegen die ehemaligen Arbeitersiedlungen in Britz und Buckow, auch hier ist der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund sowie der ohne Arbeit hoch. Der Altersdurchschnitt liegt etwa fünf Jahre über dem im nördlichen Teil. Noch weiter südlich in den Einfamilienhaussiedlungen in Rudow geht es derweil eher beschaulich zu.

Wahlkreis Neukölln. Gesamtdarstellung durch Klicken auf das rote Kreuz.
Wahlkreis Neukölln. Gesamtdarstellung durch Klicken auf das rote Kreuz.

© Tsp

Welches Duell wird am Spannendsten?

Bei den letzten Bundestagswahlen holte Fritz Felgentreu von der SPD mit 32,3 Prozent der Erststimmen das Direktmandat, mit nur 1,7 Prozent Vorsprung zur CDU-Kandidatin Christina Schwarzer. In den Jahren zuvor war es ähnlich knapp, stets trennten die Kandidaten von SPD und CDU nur wenige Prozentpunkte.

Am 24. September stehen sich Felgentreu und Schwarzer erneut gegenüber, es wird laut den Prognosen wieder eng. Die Themenschwerpunkte beider Kandidaten sind dabei ähnlich: Beiden liegt die Bildung und die Unterstützung von Familien am Herzen, beide legen einen Fokus auf die innere Sicherheit. Dennoch lohnt sich ein Blick in die Wahlprogramme, denn die von beiden Kandidaten vorgeschlagenen Maßnahmen unterscheiden sich durchaus.

Hat man hier überhaupt eine Wahl?

Durch den Bezirk ziehen sich klare politische Grenzen, wie ein Blick auf die Ergebnisse der vergangenen Wahlen zeigt. Die Stadtautobahn und die Gleise der Ringbahn trennen Nord- und Südneukölln nicht nur geografisch. Diese Polarisierung ist nicht neu, die Wahlkarte wird aber zunehmend bunter: Während der südliche Teil des Bezirks seit eh und je CDU wählt, sind der SPD im traditionellen Stammgebiet Nord-Neukölln viele Wähler verloren gegangen.

Hier schimmerte die Karte bei den vergangenen Wahlen zunehmend grüner: „Wir Grünen profitieren von den linksliberalen Zuzüglern“, sagt die Grüne-Direktkandidatin Susanna Kahlefeld. „Bald wird es dann wahrscheinlich eher knapp zwischen CDU und Grünen.“ Auch die Linke konnte sich bei den vergangenen Wahlen in Nord-Neukölln über Stimmenzuwachs freuen. Fritz Felgentreu sieht die SPD im Bezirk recht stabil bei 30 Prozent der Stimmen, leichte Schwankungen erklärt er mit dem Bundestrend. Allerdings: „In Neukölln war es schon immer knapp.“

Christina Schwarzer gibt sich hingegen gelassen und sagt, ihre potentiellen Wähler seien nicht an Wahlkampf und Prognosen interessiert. Doch auch der Union droht in diesem Jahr bei den Wahlen womöglich ein Stimmenverlust: Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung im vergangenen Jahr konnte die AfD in einigen traditionell CDU-schwarzen Wahlbüros die meisten Stimmen holen.

Was war das Skurrilste aus dem Wahlkampf?

Angesichts des knappen Kopf-an-Kopf-Rennens lassen sich Schwarzer und Felgentreu einiges einfallen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Die CDU wirbt unter anderem mit dem Slogan „Orange is the new Black“ – und spielt dabei auf die gleichnamige Netflixserie und Schwarzers Haarfarbe an. Felgentreu vertraut derweil auf seine bewährten Comic-Wahlkarten.

Außerdem fällt eine gewisse Vorliebe für kulinarische Genüsse auf, die beide offenbar verbindet: Während Schwarzer zu Abenden mit kostenloser Pizza einlud und Bier in einer Nord-Neuköllner Kneipe ausschenkte, schwenkte der Sozialdemokrat Felgentreu Currywürste in Britz und lädt potentielle Wähler regelmäßig zu seinem Stammtisch „Fritz & Friends“.

Offenbar verbindet beide auch eine Sympathie für Bayern: An Felgentreus Infoständen werden „leckere Brezeln" angeboten, Schwarzer bewirbt gleich das Neuköllner Oktoberfest. Beide scheinen sich also darin einig zu sein, dass bei den Neuköllnern die Wahl (auch) durch den Magen geht.

Bezirksstatistik Neukölln.
Bezirksstatistik Neukölln.

© Tsp

Zur Startseite