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Nochmal ganz von vorn? In unserer Illustration stehen zwei kleine Bauarbeiter aus Plastik vor dem Logo des Flughafens Berlin Brandenburg.

© dpa

Wie geht es weiter nach dem BER-Desaster?: Pack die Fluggastbrücke ein …

Die Kosten explodieren, immer mehr Mängel werden bekannt. Wie realistisch ist angesichts des BER-Desasters ein Neustart der Flughafenplanung?

Am Anfang sollte der Flughafen zwei Milliarden Euro kosten, am Wochenende stand die Kasse bei knapp viereinhalb Milliarden, und nun werden es wohl sechs oder sieben. Wenn aber die Kosten für das Projekt ins Unvorstellbare wachsen, drängt sich auch eine andere Frage auf, die auf den ersten Blick abwegig scheinen mag: Ist es sinnvoll und sogar billiger, sich jetzt noch vom Standort Schönefeld zu verabschieden und die Planung neu zu beginnen? Und falls ja: Wie viel Geld ist schon verloren, wie viel noch zu retten?

Eine überschlägige Rechnung ergibt gewaltige Beträge auf beiden Seiten der Gleichung: Eine Milliarde Euro hat der Bahnanschluss verschlungen, 640 Millionen davon der Terminalbahnhof. Rund eine halbe Milliarde war für neue Straßen fällig, von denen das Umland allerdings auch ohne Flughafen profitiert. Schwerer wiegen die rund zwei Milliarden Euro für die Infrastruktur des Flughafens – von der neuen Startbahn über Terminal und Tower bis zur Feuerwache. Auch die 80 Millionen Euro für die Umsiedlung von Diepensee wären umsonst gewesen.

Den drei bis vier schon ausgegebenen Milliarden stehen Kosten gegenüber, die zu großen Teilen noch vermeidbar wären: Das Schallschutzprogramm, das je nach Qualität 500 Millionen bis eine Milliarde Euro kosten würde, ist erst zu einem kleinen Teil umgesetzt. Der auf 400 Millionen Euro taxierte Wiederaufbau der Dresdner Bahn – obendrein ein politischer Großkonflikt – hat noch nicht einmal begonnen.

Dasselbe gilt für den Regierungsflughafen im Nordteil des BER, dessen Kostenprognose sich schon vor Baubeginn auf zuletzt 310 Millionen Euro verdoppelt hat. Auch die 80 Millionen Euro für einen Tunnel zu den Terminal-Satelliten hat sich die Flughafengesellschaft bisher gespart. Macht also mindestens 1,5 Milliarden Euro absehbare Kosten, die momentan wohl noch zu retten wären. Die Mängelbeseitigung im Terminal ist in der Rechnung noch nicht drin.

Aus Sicht des Frankfurter Flughafenplaners und Schönefeld-Kritikers Dieter Faulenbach da Costa spricht noch mehr für einen Neustart der Flughafenplanung: Mindestens zwei Milliarden Euro wären aus seiner Sicht nötig, um den Neubau zumindest für die nächsten zehn Jahre fit zu machen. Damit der Flughafen in Schönefeld wirklich boomen und zum Wirtschaftsmotor werden könne, müssten allerdings rund 40 000 Bewohner der Einflugschneisen weichen – von Bohnsdorf bis Blankenfelde. Geschätzte Kosten: 30 bis 40 Milliarden Euro. Unvorstellbar.

Alternative Sperenberg?

Die langfristige Alternative heißt für Faulenbach: Sperenberg, wo statt 100 000 nicht einmal 2000 Menschen im kritischen Lärmbereich von mehr als 55 Dezibel wohnten und die Verkehrsanbindung für rund 500 Millionen Euro machbar wäre: Die Bundesstraße 101 sei bereits angemessen ausgebaut, der Bahnanschluss oberirdisch leicht zu machen.

Die Anwohner könnten für 200 bis 300 Millionen Euro umgesiedelt werden. Einziger Nachteil: Die Technik des BER sei größtenteils immobil – und bei einem Umzug obendrein veraltet, denn inklusive Planung würde ein neuer Airport erst in etwa 15 Jahren fertig. „Für vier bis fünf Milliarden Euro hätte man aber dann einen wirklich zukunftsfähigen Flughafen“, sagt Faulenbach und meint damit auch, dass er wegen der erweiterten Nachtflugmöglichkeiten privat finanziert werden könne. In Schönefeld war die Privatisierung gescheitert, so dass nun die Flughafengesellschaft im Namen der Steuerzahler baut.

Unterstützung bekommt Faulenbach erwartungsgemäß von den Initiativen, die gegen Schönefeld kämpfen: Ferdi Breidbach, der Ex-Vorsitzende des Bürgervereins Brandenburg- Berlin, bezeichnet Sperenberg als „den Standort, an dem alles möglich ist, wonach die Luftfahrtbranche schreit“ und verweist auf das 2011 präsentierte „Nachnutzungskonzept“, das Schönefeld als Flughafen für Regierungs- und Privatmaschinen und Standort für die Luftfahrtschau ILA vorsieht. Auch die Friedrichshagener Bürgerinitiative lobt das Konzept, will sich aber nicht auf die Alternative Sperenberg festlegen. Und ein Sprecher betont: „Wir sind nicht schadenfroh angesichts dessen, was jetzt rund um Tegel passiert.“

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