zum Hauptinhalt

Berlin: Wieder brennt es in Neukölln: Polizei stockt Soko auf

37 Sonderermittler im Einsatz. Belohnung auf 25 000 Euro erhöht Jetzt erwägt auch Innensenator Körting eine Rauchmelder-Pflicht

Trotz des verheerenden Feuers mit drei Toten in der Neuköllner Sonnenallee geht die Brandserie in Neukölln weiter. Gestern früh stand ein ausrangiertes Sofa in der siebten Etage eines Hochhauses in der Onckenstraße in Flammen. Es befand sich nahe dem Müllschlucker im Treppenflur. Verletzt wurde niemand. Die Polizei ermittelt wegen schwerer Brandstiftung. In Neukölln geht jetzt die Angst vor einem Serienbrandstifter um – oder Nachahmungstätern. Um den Fahndungsdruck zu erhöhen, hat die Polizei ihre Sonderkommission („Ermittlungsgruppe Sonnenallee“) gestern um sechs Beamte aufgestockt. 37 Ermittler versuchen nun den oder die Täter zu überführen. Gleichzeitig wurde die Belohnung zur Ergreifung der Brandstifter um das Fünffache auf 25 000 Euro erhöht.

Auch wenn der jüngste Brandort nahe dem Kiehlufer Kilometer von den vorigen Tatorten entfernt liegt, sind viele Bewohner im Kiez in großer Sorge, dass es als nächstes ihr eigenes Treppenhaus treffen könnte. Innerhalb einer Woche wurde in drei Neuköllner Häusern Feuer gelegt.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) appellierte am Freitag erneut an Berlins Haus-Eigentümer, auf die Installation von Rauchmeldern in den Wohnungen der Mieter zu drängen und auch in den Treppenhäusern Melder anzubringen. Sollten die Appelle bis zum Jahresende keine Wirkung zeigen, will Körting nicht länger auf Freiwilligkeit setzen: Dann soll ein verpflichtendes Gesetz her.

Die Polizei will trotz der Häufung der Fälle nicht von einer Serie sprechen. „Wir können derzeit nicht sagen, ob es sich hier um einen Serienbrandstifter handelt. Vergleichbare Taten wurden in der Vergangenheit von Gelegenheitstätern aus dem Nahbereich begangen“, sagte Polizeisprecher Frank Millert. Er wies darauf hin, dass es auch in den vergangenen Jahren im Schnitt etwa einen brennenden Kinderwagenbrand pro Woche gab. 50 Fälle waren es 2009, 45 im vorigen Jahr. Bis Mitte Februar dieses Jahres wurden zehn Kinderwagenbrände registriert.

Obwohl noch unklar ist, ob in Neukölln ein Serienbrandstifter oder Nachahmungstäter am Werk sind, ist klar: Der oder die Zündler haben sich offensichtlich bislang nicht von den verheerenden Folgen des Feuers in der Sonnenallee, wo vor einer Woche drei Menschen – darunter ein Säugling – starben, abschrecken lassen. Einem Brandstifter auf die Spur zu kommen, ist besonders schwierig: Für seinen Anschlag benötigt der Täter nur ein Feuerzeug, alle angezündeten Gegenstände standen bereits in den Hausfluren. Dem Zündler bietet sich damit eine einfache Tatgelegenheit, das Feuer breitet sich schnell aus, und er kann rasch entkommen. Dies wissen auch Nachahmungstäter und fühlen sich durch diese Umstände und die zunehmende mediale Aufmerksamkeit erst recht angestachelt.

Ein ähnliches Phänomen ist auch bei anderen Straftaten bekannt: So gehen längst nicht alle angezündeten Autos auf das Konto von Linksextremisten. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass beispielsweise auch „Krawall-Touristen“ ohne politischen Hintergrund Brandsätze unter Autos gelegt haben – allein schon, weil die Tatdurchführung relativ einfach ist und die Polizei nicht an allen Stellen gleichzeitig sein kann.

Auch nach dem tödlichen Holzklotz-Wurf von einer Autobahnbrücke in Niedersachsen hatten einige Nachahmungstäter Autofahrer in Lebensgefahr gebracht und der Polizei viel Arbeit beschert: Hier waren es vor allem Jugendliche und Kinder, die offenbar über die Folgen nicht weiter nachgedacht hatten. Auch bei den sich zeitweise gehäuften Anschlägen auf BVG-Busse, die mit Steinen beworfen oder Luftgewehren beschossen worden waren, war die Polizei von Nachahmern ausgegangen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false