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Wohnungsbaugesellschaft: Howoge machte sich ihre eigenen Gesetze

Eine Sonderprüfung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft belegt schwere Verstöße. Die Zukunft des SPD-Politikers Hillenberg, dessen Firma von Aufträgen profitiert hatte, gilt als offen.

Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge hat so massiv gegen Regeln zur Vergabe von Aufträgen an private Firmen verstoßen, dass der Senat noch vor dem Abschluss der Sonderprüfung Konsequenzen zieht: Am Dienstag kündigten der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sowie Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) gemeinsam an, dass beide Howoge-Geschäftsführer vom Aufsichtsrat abberufen werden – so schwer wiegen bereits die Vorwürfe im Zwischenbericht der kürzlich eingeleiteten Sonderprüfung. Bereits wenige Stunden später folgte der Aufsichtsrat dieser Aufforderung und beschloss, die Ernennung der Geschäftsführer zu widerrufen. Sie sind damit ab sofort nicht mehr Chefs der Howoge.

Als Interimsgeschäftsführer ist Reinhard Baumgarten bestellt worden. Er war früher Abteilungsleiter bei der Senatsverwaltung für Finanzen und sei deshalb, so Nußbaums Sprecher Daniel Abbou, „bestens geeignet“, vorläufig die Geschäftsführung der Howoge zu übernehmen.

„Die festgestellten Verstöße sind so gravierend, dass sofortiges Handeln geboten ist“, sagte Wowereit. Bisher sei rund ein Drittel der Aufträge geprüft worden und schon jetzt stehe fest, dass die Howoge das Vergaberecht auf dreierlei Weise ausgehebelt habe. Die Prüfer berichteten von hausgemachten Ausnahmeregeln, die Direktvergabe von Aufträgen an Vertraute ermöglichten. Dazu habe auch die Firma des SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg gezählt, die in mehreren Fällen profitiert habe. Einer davon, die Vergabe eines Auftrags zur Sanierung einer Siedlung im Pankower Ortsteil Buch, hatte den Aufsichtsrat zur Sonderprüfung veranlasst.

Gegen die Vergaberegeln habe die Howoge außerdem dadurch verstoßen, dass sie Großaufträge entgegen der Vorschrift nicht europaweit ausgeschrieben habe. Außerdem sollen in vier von neun geprüften Fällen größere Aufträge gezielt in kleinere gestückelt worden sein. Dadurch konnte die Howoge die festgelegten Wertgrenzen unterschreiten, die sie zu einer öffentlichen Ausschreibung zwingen – und nach eigenem Ermessen vergeben.

Nußbaum will jetzt auch die Aufsichtsräte anderer Gesellschaften bitten, ihre Vergabepraxis zu prüfen, sieht aber „keinen Anlass für einen Generalverdacht“. Wowereit zufolge mangelt es Hillenberg an Unrechtsbewusstsein. Die Rechtsverstöße seien kein grundsätzliches Problem: „Das System ist in Ordnung: Es hat Regeln, und bei Verstößen wird reagiert.“ Insofern ist der Fall sowohl für Hillenberg als auch für die gesamte rot-rote Koalition brisant. Linksfraktionschef Udo Wolf hatte den Umgang des Senats mit der Howoge-Affäre und Hillenberg „lächerlich“ genannt. Einen Ausschluss Hillenbergs aus der SPD-Fraktion forderte Wolf bisher nicht. Anders als die Oppositionsfraktionen. Grünen-Finanzexperte Jochen Esser verlangte Aufklärung über eine mögliche Begünstigung Hillenbergs. Florian Graf (CDU) sagte: „Nun ist die SPD-Fraktion am Zug“. Deren Chef Michael Müller müsse Hillenberg „personelle Konsequenzen nahe legen“.

Müller sagte dem Tagesspiegel, er sei mit Hillenberg im Gespräch: „Natürlich geht es dabei auch um die nahe liegende Konsequenz, das Mandat niederzulegen.“ Es sei „falsch gewesen, diese Aufträge von der Howoge anzunehmen“, auch wenn dem Land dadurch kein Schaden entstanden sei.

Für Hillenberg wird es aber auch wegen seines Geschäftsgebarens eng. Der Unternehmer hatte wiederholt erklärt, dass die öffentliche Hand von der Vergabe von Aufträgen an sein Unternehmen profitiere, weil seine Firma die Arbeiten günstiger anbiete als andere. Dabei habe er auch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) unterboten. Für die Architektenkammer Berlin ist das ein Grund, Hillenberg aufs Schärfste anzugreifen: „Niemand, der diese Planungsleistungen anbietet, darf den gesetzlichen Preis halbieren, um sich einen Auftrag zu erschleichen“, schreibt die Kammer. Die HOAI sei ein „Gesetz“, und das habe „jeder zu beachten“. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Martin Steltner sagte: „Gegenwärtig liegt uns keine Anzeige wegen eines Korruptions- oder Untreue-Delikts gegen Herrn Hillenberg vor.“

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