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...und erst recht kein Internet. Die Bezirke sollen online nach Ferienwohnungen fahnden – Datenschützer sind dagegen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wohnungsnot in Berlin: Datenschutz behindert Verbot von Ferienwohnungen

Die Ämter dürfen nicht im Internet nach illegalen Ferienwohnungen recherchieren - wegen des Datenschutzes. Wowereits Nachfolger Michael Müller prüft, ob das juristisch haltbar ist.

Die Ämter fahnden nach illegalen Ferienwohnungen – doch ausgerechnet im Internet, wo die meisten Angebote verzeichnet sind, dürfen sie nicht recherchieren. Ursache ist eine Gesetzeslücke. Stephan von Dassel (Grüne), Stadtrat für Soziales und Bürgerdienste in Mitte wundert sich: Der Senat habe den Bezirken genau das geraten, als sie sich wegen der zu geringen Personalausstattung beschwerten. Stets habe man die Antwort bekommen, die Mitarbeiter müssten ja keinen Außendienst machen, sondern könnten im Internet fahnden.

Mit etwa 1700 entfällt rund ein Viertel der in Berlin gemeldeten Ferienwohnungen auf den Bezirk Mitte. Nach Behördenschätzungen dürfte die Dunkelziffer doppelt so hoch sein. Ohne kontinuierliche Internetrecherche sind diese nicht aufzuspüren, sagt von Dassel. Deshalb wollte er eine Firma mit der Lieferung einer entsprechenden Such-Software beauftragen. Doch da wurde der Datenschutzbeauftragte hellhörig. Denn im Paragraf 5 des Berliner Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum heißt es, dass Daten nur beim Bürger-, Wirtschafts- oder Grundbuchamt, dem Handelsregister, der Investitionsbank oder bei anderen Bezirksämtern erhoben werden dürfen. Dort allerdings sind Personen, die ihre Wohnung heimlich an Berlin-Besucher vermieten, kaum registriert.

Ohne Internet sind illegale Wohnungen kaum zu finden

„Jede illegale Ferienwohnung ist eine zu viel angesichts des Berliner Wohnungsmarktes“, so der Reinickendorfer Stadtrat Uwe Brockhausen (SPD). Um diese aufzuspüren, sei das Internet eine „ganz wichtige Erkenntnisquelle“, ohne die es für den Vollzug des Gesetzes schlecht aussehe. „Solange es keine Änderung der Rechtsgrundlage gibt, wird auch von hier weiterhin keine Internetrecherche betrieben werden“, heißt es auch im Büro der Steglitz-Zehlendorfer Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU). „Neben der sehr schlechten Ausstattung der Bezirke mit Personal für diese zusätzliche Aufgabe zur Umsetzung des Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum bedeutet dies, dass ein Aufspüren illegaler Ferienwohnungen in der Regel nur nach einer Meldung aus der Bevölkerung möglich ist.

In Charlottenburg-Wilmersdorf gibt es rund 1000 offizielle Ferienwohnungen. Dazu liegen bisher rund 150 Bürgerhinweise auf illegale Quartiere vor, sagt Stadträtin Dagmar König (CDU). Außerdem haben sich diverse Vermieter seit Inkrafttreten des Gesetzes im Frühjahr freiwillig gemeldet. Sie setzen auf die zweijährige Übergangsfrist und haben zum Teil auch Anträge für eine dauerhafte Nutzung gestellt, die in der Regel aber nicht genehmigungsfähig ist. Auch für König, der vier Mitarbeiter zur Verfügung stehen, die erst eingearbeitet werden mussten, ist eine Recherche ohne Internet nicht realistisch. „Senat und Abgeordnetenhaus sind gefragt, das Gesetz nachzubessern“, so die Dezernentin.

Stadtrat von Dassel hat den Stadtentwicklungssenator und designierten Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) um Hilfe gebeten. Die Reaktion aus dessen Behörde: „Wir haben das Schreiben bekommen, nehmen die Sache ernst und werden das gründlich juristisch prüfen“, sagt Sprecherin Petra Rohland. „Unsere Fachleute befassen sich damit.“ Von Dassel ist „gespannt“, wie die Landespolitik reagiert. Gibt es keine Gesetzesänderung hat man es „wohl doch nicht so ernst gemeint mit der Verfolgung der Zweckentfremdung“, sagt der Stadtrat. Dann seien die ehrlichen Vermieter „gekniffen“, die sich freiwillig gemeldet hatten. Belohnt würden diejenigen, die ihre illegale Tätigkeit heimlich fortsetzen – übers Internet.

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