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Kultur: Alternatives Klassikprogramm: Transatlantikflüge

Ein Gespenst geht um in der deutschen Kulturlandschaft: Die öffentlichen Kassen sind leer, der Staat zieht sich immer mehr aus der Kulturförderung zurück. Werden zukünftig also nur noch kommerziell erfolgreiche Mainstream-Produktionen und gefällige Programme konkurrenzfähig sein?

Ein Gespenst geht um in der deutschen Kulturlandschaft: Die öffentlichen Kassen sind leer, der Staat zieht sich immer mehr aus der Kulturförderung zurück. Werden zukünftig also nur noch kommerziell erfolgreiche Mainstream-Produktionen und gefällige Programme konkurrenzfähig sein? Dass es zu solch einem Horrorszenario auch Alternativen gibt, zeigen die Veranstalter der zweiten "American Music Week Berlin" (6. bis 11.11.), die heute mit einem Konzert im Kammermusiksaal der Philharmonie eröffnet wird: Auf dem Programm stehen Werke amerikanischer und europäischer Komponisten. Frank Dodge, ehemaliger Cellist der Berliner Philharmoniker und künstlerischer Leiter der Veranstaltung, ist es gelungen, mit diesem Forum für zeitgenössische amerikanische Musik und Kunst ein Festival zu veranstalten, das auf keine öffentliche Mark angewiesen ist. Finanziert wird das Ganze durch Firmen, Privatpersonen, Stiftungen und durch das Engagement der beteiligten Künstler, die eine Menge Idealismus in das Projekt mit einbringen und auf überzogene Gageforderungen verzichten.

Frank Dodge, gleichzeitig Initiator der seit 13 Jahren erfolgreichen "Spectrum Concerts", sieht seine künstlerische Aufgabe darin, mit alternativen Klassikprogrammen eine neues Publikum zu gewinnen und auch mal Zuhörer in die Philharmonie zu locken, die das Feld gewöhnlich den Abonnenten überlassen. Die vier Kammerkonzerte dieser Woche gewähren einen Einblick in die hier zu Lande wenig bekannte Musik amerikanischer Komponisten der Gegenwart: von Robert Helps oder John Harbison, der 1987 für seine Kantate "The Flight into Egypt" mit dem Pulitzer-Preis für Musik ausgezeichnet wurde. Kombiniert werden diese Raritäten mit den wohlbekannten Klängen Frederic Chopins, Bela Bartoks oder Dmitri Schostakowitschs. Ein Symposium ist dem Thema "Communicating in Times of Opulence" gewidmet: Unter anderen diskutieren John Harbison, Robert Helps und der Maler Alan Magee. Meisterkurse für Komponisten ergänzen das Programm.

Das Erfolgsrezept scheint also die Einheit von Komposition, musikalischer Ausführung und Management zu sein, die durchaus als Modell für eine neue Art der Konzert- und Festivalgestaltung dienen könnte. Frank Dodge glaubt, dass sich diesbezüglich in den nächsten Jahren einiges ändern wird, da Musiker und Veranstalter nichts anderes übrig bleiben wird, nach neuen Möglichkeiten jenseits der staatlichen Subventionen zu suchen. Die Mitwirkenden der "American Music Week" sind jedenfalls der Ansicht, dass zur Identität des Künstlers mehr gehört als das bloße Musizieren. Im konkreten Fall verbindet der Cellist damit die Hoffnung, dass es zwischen Deutschen und Amerikanern "mal wieder so richtig funken" soll.

Hagen Kohn

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