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Die sieben Samurai. Der koreanische Regisseur Bong Joon-ho, die US-Produzentin Martha de Laurentiis, „Mad Men“-Erfinder Matthew Weiner, der französische Star Audrey Tautou, Jury-Präsident Darren Aronofsky (mit Schiebermütze), Regisseurin Claudia Llosa aus Peru – und der Schauspieler Daniel Brühl.

©  dpa /Tim Brakemeier

Berlinale: Pressekonferenz: „Ist doch ’ne Demokratie hier!“

Wenn die Berlinale so unterhaltsam und fröhlich wird wie die Pressekonferenz der Jury, wird das ein tolles Festival. Darren Aronofsky, Daniel Brühl, Audrey Tatou und Co zeigen sich munter und bester Stimmung.

Gute Chemie? Oha, im Chemieunterricht habe ich damals ganz schlecht aufgepasst. So richtig gut aber, eher ästhetisch als wissenschaftlich, war sie immer, wenn es funkte (oder verwechsele ich das gerade mit Physik?). Oder wenn beim Zusammengießen zweier oder dreier Flüssigkeiten plötzlich im Reagenzglas die tollsten Farben entstehen. Oder wenn den Phiolen bei geglücktem Experiment Dämpfe entwichen, deren berauschend erkenntnisfördernde Wirkung noch dadurch gesteigert wurde, dass die schwarzen Vorhänge des Mittelstufen-Unterrichtslabors das Tageslicht nahezu vollständig aussperrten. So stand dem pädagogischen Erfolg zumindest organisatorisch nichts mehr im Wege.

In diesem Sinne ganz vorzügliche Chemie herrscht am Donnerstag im so überfüllten wie tageslichtdichten Pressekonferenzsaal, zum rituellen Treff der Jury mit den weltweit angereisten Journalisten. Nach erstem Höflichkeitsgeplänkel, wobei im Blick auf die bevorstehende Sichtung von 19 Wettbewerbsfilmen podiumsseitig die Vokabeln „amazing“, „exciting“, „dynamic“ sowie „fantastic“ großzügig Verwendung finden, wird es hübsch konkret. Auf die Frage eines US-Kollegen in Sachen kritischer Gesamtherausforderung der kommenden Tage kontert Jury-Chef Darren Aronofsky lachend: „Na wenn ich mich an Ihre schneidenden Kritiken erinnere ...“ Und Audrey Tautou sekundiert mit flammender Entschiedenheit, sie habe zwar nicht mit dem Rauchen aufgehört, aber längst mit dem Lesen von Filmkritiken. Wer diese schönste Schauspielerlüge spätestens bei der eingehenden Besichtigung von Audrey Tautous tiefschwarzen Augen nicht glaubt, ist für jedes zwischenmenschliche Chemieexperiment für immer verloren.

Mad Men-Erfinder Matthew Weiner korrigiert munter Frager

Auch sonst Funken über Funken, Farben über Farben. Matthew „Mad Men“ Weiner – „Weiner“ korrigiert er munter beiläufig einen Frager, der ihn sicherheitshalber mit „Winner“ anspricht – stimmt Tautou dringend zu. Gerade hat sie feierlich verkündet, diese Jury stimme für, nicht gegen Filme, befindet Weiner: „Wir urteilen schließlich nicht über Kriminelle.“ Und Darren Aronofsky, ohnehin in ansteckend humorvoller Startform, zerstreut die Sorge, angesichts möglicher schwerer Zerwürfnisse des Gremiums bei der Bärenwahl als Präsident vielleicht zwei Stimmen geltend zu machen, mit der Feststellung: „Ach was, das ist doch ’ne Demokratie hier!“

Daniel Brühl seinerseits kann es an Charme sogar mit Audrey Tautou nahezu aufnehmen. Als es an seine durchaus schmerzliche Sehnsucht geht, wieder mal im spanischsprachigen Raum zu drehen, wendet er sich mit unwiderstehlichem „Vielleicht klappt es demnächst“-Lächeln an seine Nachbarin, die peruanische Regisseurin Claudia Llosa, Bären-Gewinnerin von 2009. Audrey Tautou kann sich andererseits daran erinnern, dass Brühl einst als Juror vor einer Preisverleihung für ihren Film „Amélie“ das Flugzeug verpasst habe, „aber vielleicht entdecken wir nun hier einander die Wahrheit unserer Seelen“. Hallo, Paparazzi, aufgepasst!

Darren Aronofsky gar nicht so verrückt

Letzte unbestechlich kritisch investigative Frage: Mr. Aronofsky, Sie machen so verrückte Filme, da werden Sie sich bestimmt bloß für verrückte Filme einsetzen, und ist das nicht ganz besonders bedenklich? „Thank you“, sagt er, „aber Bong“ – womit er seinen noch etwas jetlagschläfrigen koreanischen Mitjuror Bong Joon-ho meint – „macht viel verrücktere Filme als ich!“

Was, die Chemie-Halbstunde gleich zu Ende? Es klingelt schrill zur Pause? Schade eigentlich.

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