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Kultur: Beten hilft nicht

Im Kino: Guillermo Arriagas „Auf brennender Erde“

Von Maris Hubschmid

Über den Episodenfilm „Babel“ hat Fatih Akin einmal gesagt, er habe ihm geholfen zu verstehen, wie ein dramaturgisches Konzept nicht funktioniert. Damit gehört der Regisseur zu den wenigen, die das Drama von 2006 kritisch beurteilten. Vielleicht gefällt ihm ja das jüngste Werk des Drehbuchautors Guillermo Arriaga. Drei Jahre hat es gedauert, bis für dessen Regiedebüt „Auf brennender Erde“ ein Starttermin gefunden war.

Wieder ist die Handlung verschachtelt, diesmal verwebt der Mexikaner auch die Zeitebenen. Noch komplexer als „Babel“ oder „21 Gramm“ könnte man meinen – aber die Geschichte ist zielstrebig erzählt. Der narrative Kreis wird gleichwohl erst kurz vor Ende geschlossen. Das Spiel mit der Kombinationsgabe des Zuschauers ist diesmal nahezu perfekt.

Die Erzählung läuft schleppend an: lange Einstellungen, triste Szenerie, karge Wortwechsel. Irgendwo in der Wüste brennt ein Wohnwagen, meilenweit entfernt steht die schöne Restaurantinhaberin Sylvia (Charlize Theron) nackt am Fenster einer unbeseelten Wohnsiedlung. Aber das Bild, wie sie sich mit Steinen in die Innenschenkel ritzt, wäre nicht nötig gewesen. Bei Ehebrecherin Gina ist die Einführung der Protagonistin schon sinnvoller. Kim Basingers schier festgefrorene Gesichtszüge sagen in der Tat nicht mehr viel.

Dann werden die Schnitte schneller, trotzdem bleibt die Kamera unaufgeregt und die Regie lässt – anders als bei „Babel“ – dem Zuschauer die Chance, sich mit den Charakteren vertraut zu machen. Zentrale Sentenzen bringt Arriaga beiläufig unter: „Viele Dinge laufen falsch, Mom. Beten ändert nichts daran“, sagt die Tochter zu ihrer untreuen Mutter, als die den jüngeren Bruder ins Bett bringt. Für die Rolle der Mariana wurde Jennifer Lawrence, die für „Winter’s Bone“ eine Oscar-Nominierung erhielt, in Venedig als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet. Vielschichtig verkörpert sie Frustration und Eifersucht, die Beweggründe ihres folgenreichen Handelns.

Der Flügelschlag des Schmetterlings, der andernorts einen Orkan heraufbeschwört – das ist Arriagas großes Thema – er verfehlt auch hier seine Wirkung nicht. Der rote Faden: Lüge, Sex, Schuld. Leider ist das Happy End dann doch arg konstruiert, wird eingeläutet durch einen gewaltigen Seelenstriptease. Immerhin aber beweist Arriaga, dass er auch ohne seinen Regiepartner Alejandro González Iñárritu ordentliche Filme machen kann. Maris Hubschmid

In 7 Berliner Kinos. OmU: Filmkunst 66. OV: Cinestar Sonycenter

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