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Die Geschichte einer lesbischen Liebe - zu dritt - im Brasilien der fünfziger und sechziger Jahre.

© dpa

Biopic über Elizabeth Bishop: "Die Poetin": Die Liebe der Frauen

Bruno Barretos Biopic „Die Poetin“ folgt der Dichterin Elizabeth Bishop nach Brasilien. Und erzählt die Geschichte einer lesbischen Ménage à trois.

Wenn eine Großmeisterin der Poesie sich wünscht, dass auf ihrem Grabstein stehen möge, sie sei die „einsamste Person gewesen, die je gelebt hat“, kann man das nicht so leicht als überdramatische Pose abtun. Denn Elizabeth Bishop (Miranda Otto) weiß, wie man Worte wägt, als sie diesen Satz zu ihrem Freund Robert Lowell (Treat Williams) sagt. Die 40-jährige Dichterin versucht, ihre Situation durch Bewegung zu verändern, und bricht 1951 nach Brasilien auf. Dort besucht sie ihre alte Studienfreundin Mary (Tracy Middendorf), die mit ihrer Geliebten, der Architektin Lota de Macedo Soares (Glória Pires), ein herrschaftliches Anwesen in traumhafter Lage bewohnt.

In der bunten, lauten Welt der beiden steht Bishop zunächst herum wie ein verstockter bleicher Fremdkörper – so einsam wie zuvor in New York. Sie will schnell weiter, doch ein allergischer Schock und das recht plötzlich entfachte Begehren von Soares halten sie zurück: Elizabeth bleibt. Am Ende von Bruno Barretos „Die Poetin“ werden es 15 Jahre sein, die sie in Samambaia zwei Autostunden nördlich von Rio verbracht hat. Die leidenschaftliche, aber auch selbstsüchtige Architektin errichtet ihrer Geliebten ein lichtdurchflutetes Schreibstudio, während sie Mary mit dem Kauf eines Babys aus den Favelas ruhigstellt. Langsam gewinnt Bishop an Sicherheit, lernt Portugiesisch, das Kräfteverhältnis zwischen ihr und Soares balanciert sich etwas aus – bis die Trunksucht der Dichterin das Verhältnis mehr und mehr überschattet.

Bruno Barreto schafft eindrucksvolle Bilder und skizzenhafte Figuren

Dem brasilianischen Regisseur gelingen eindrucksvolle Bilder von Soares’ kühner Architektur, vor allem aber von der tropischen Landschaft, die Pulitzerpreisträgerin Bishop zu vielen ihrer akkuraten Verse inspiriert hat. Die Beziehung zwischen den drei Frauen zeichnet er hingegen arg skizzenhaft. Mary wird auf eine eifersüchtige Schattenfigur reduziert, Soares auf eine polternde Powerfrau mit scheinbar unbegrenzten Kraftressourcen, weshalb die tragische Wendung gegen Ende recht unvermittelt wirkt: Die Frau mit der Hornbrille ist Sympathisantin und Profiteurin des Militärputsches von 1964, der lediglich in einer Radiomeldung und einer kritischen Randbemerkung Bishops thematisiert wird.

Dass es zwischen den Frauen keinerlei Auseinandersetzung darüber gibt, bleibt eine irritierende Leerstelle. Auch, dass eine offene lesbische Dreiecksbeziehung in den fünfziger und sechziger Jahren in Brasilien nicht einen einzigen schrägen Blick oder bösen Kommentar provoziert, mutet etwas kurios an – selbst angesichts der privilegierten Stellung der Protagonistinnen.

„Die Poetin“ basiert auf Carmen L. Oliveiras Bestseller „Flores raras e banalíssimas: A história de Lota de Macedo Soares e Elizabeth Bishop“, eine Mischung aus fiktionalem und recherchiertem Material. Das Buch hat Barreto zu einem eher harmlosen Werk inspiriert, dessen Verdienst es immerhin ist, eine der besten amerikanischen Dichterinnen des 20. Jahrhunderts wieder in den Fokus zu rücken. Dass er allerdings ihr bekanntestes Gedicht „One Art“ als Rahmen verwendet und dabei in der Mitte teilt, dürfte kaum im Sinne der 1979 verstorbenen Perfektionistin sein.

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