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Kultur: Den Hut aufsetzen

Mendelsohns berühmte Fabrik in Luckenwalde wird saniert

Die berühmte Luckenwalder Hutfabrik Erich Mendelsohns, ein herausragendes Beispiel expressionistischer Industriearchitektur, ist wieder hergestellt und kann in der südbrandenburgischen Kleinstadt in ihrer ursprünglichen Gestalt besichtigt werden. Doch leider handelt es sich vorerst nur um ein Modell im Maßstab 1:100, das Stuttgarter Architekturstudenten an langen Winterabenden getreu dem Original angefertigt haben. Es ist das Herzstück einer Ausstellung über die Hutfabrik, ihre Entstehungsgeschichte und die aktuellen Pläne zu ihrer Sanierung, die jetzt in einem Winkel der vierschiffigen, fast 100 Meter langen Stahlbeton-Halle zu sehen ist (Industriestraße 2, bis 15. Mai 2004, Mi bis So 10–16 Uhr. Kein Katalog). Anlass für die kleine Schau ist Mendelsohns 50. Todestag. Der Architekt hatte das Fabrikensemble 1921/22 für den Industriellen Gustav Hermann errichtet und zählte es später zu seinen wichtigsten Werken. Die expressionistischen Raumfantasien Mendelsohns – ausgebauchte Wände, gekippte Fensterstürze und kubistische Dachaufbauten – waren in Luckenwalde, anders als bei Mendelsohns kurz zuvor fertiggestelltem Potsdamer Einsteinturm, konstruktiv ausgereift und führten nicht zu Bauschäden.

Die Konfrontation zwischen Modell und dem recht mitgenommenen Original stimmt betrüblich, wenngleich dessen Substanz weitgehend erhalten blieb; der schmerzlichste Verlust ist der plastische Dachaufbau der einstigen Färberei, der die Form eines stilisierten Hutes hatte. Das Dach will das Brandenburgische Denkmalamt allerdings wieder vervollständigen.

Zur festlichen Eröffnung der Ausstellung am Sonntag bemühten sich Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka und Landeskonservator Detlef Karg, Optimismus zu verbreiten. Zu einem Rückschlag bei den Bemühungen um eine Nutzungsperspektive für das Denkmal hatte vor einigen Monaten der Ausstieg der Stadt Luckenwalde aus der Förderung für die gewerbliche Nutzung der Hallen geführt, angeblich wegen eines fehlerhaften Antrags. Innerhalb der Stadt ist die Förderung des Projektes offenbar umstritten. Der Libanese Abbas Ayad hatte das Gebäude nach fast zehnjährigem Leerstand im Jahr 2001 erworben, um dort eine Sortier- und Verarbeitungsanlage für Alttextilien einzurichten. „Etwas Besseres kann der Halle gar nicht passieren“, verteidigt Brandenburgs Landeskonservator Detlef Karg die Pläne des Unternehmers. Daher bedauert er, dass die Fördermittel für den Aufbau der Produktion vorerst fehlen. Dennoch seien die Mittel für die äußere Instandsetzung gesichert. Geschätzte acht Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln sollen in die Wiederherstellung der Halle fließen. Bis 2010 soll das gesamte Ensemble saniert sein.

Regine Stephan, die die Luckenwalder Ausstellung betreut, bereitet derzeit eine umfassende Schau zum Werk Erich Mendelsohns vor, die im Februar 2004 in der Berliner Akademie der Künste eröffnet werden soll.

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