zum Hauptinhalt

Kultur: Der Schemel des Schamanen Das dritte Humboldt-Lab in den Museen Dahlem

Museen haben kein Geld für Experimente. Ein großer Luxus also, dass die Bundeskulturstiftung dem Museum für Asiatische Kunst und dem Ethnologischen Museum 4,1 Millionen Euro gibt, um Ausstellungskonzepte und Inszenierungen für das Humboldt-Forum am Schlossplatz auszuprobieren, in das die beiden Sammlungen 2019 ziehen sollen.

Museen haben kein Geld für Experimente. Ein großer Luxus also, dass die Bundeskulturstiftung dem Museum für Asiatische Kunst und dem Ethnologischen Museum 4,1 Millionen Euro gibt, um Ausstellungskonzepte und Inszenierungen für das Humboldt-Forum am Schlossplatz auszuprobieren, in das die beiden Sammlungen 2019 ziehen sollen. „Humboldt-Lab“ heißt das bis 2015 angelegte Projekt in Dahlem, die Ausstellungen „Probebühnen“. Wo später Wissenschaftler mit Fakten locken, sollen sich jetzt Künstler sinnlich den uns fremden Objekten nähern. Doch auch in der dritten Ausgabe der Probebühne zeigt sich, dass daraus vor allem Installationen entstehen, die nicht die Exponate erklären, dafür aber ihrerseits Kunstvermittlung brauchen. Die Botschaft des Künstlers überlagert die Botschaft des Objekts. Wozu dieser Weg über die Kunst?

Anschaulich wird das Problem in der Rauminstallation „Projekt Mensch – Objekt – Jaguar“ der Ethnologin Andrea Scholz und des kolumbianischen Künstlers Sebastián Mejía: Gaze-Vorhänge, Überwachungskameras, Tierzeichnungen, dazu Gesänge eines Zauberarztes. Einziges originales Exponat: der Schemel eines Schamanen. Illustriert werden soll die Idee des Perspektivismus, jene indigene Weltsicht, nach der sich auch Tiere als Menschen mit einer eigenen Kultur wahrnehmen. Nur, das Wort „Perspektivismus“ taucht kein einziges Mal auf.

Sofort eingängig ist dagegen die Sammlung historischer Fotografien der ethnologischen Sammlung. Mit iPad und Kopfhörer lauscht man Wissenschaftlern, die sich an Begegnungen mit den Menschen Lateinamerikas erinnern. Folien offenbaren biografische Details zu einzelnen Personen – eine klassische, zeitgemäße Präsentation, die Eigeninitiative verlangt.

Aufhorchen lässt, dass sich auch das Museum Europäischer Kulturen beteiligt, das zwar ebenfalls in Dahlem sitzt, aber nicht mit ins Humboldt-Forum ziehen soll. Eine schwedische Wanduhr aus dem 19. Jahrhundert steht neben präkolumbianischen Maja-Kalendern, sie sieht in dieser Umgebung nicht minder exotisch aus. Gelungen auch die Gegenüberstellung eines pakistanischen Löwengreifs (1. Jahrhundert) und einer Zeichnung des königlichen Baurats Victor von Wendts, der das Motiv für Berliner Bürgerhäuser aufgegriffen hat. Schön der Hinweis, das in der Bergmannstraße 12 ebensolche Fabelwesen noch zu entdecken sind. Der nächste Spaziergang führt also nicht nur nach Kreuzberg, sondern auch nach Südasien. Eine Anschaulichkeit, die gewünscht ist. Die Europäischen Kulturen können so ohne Umstände im Humboldt-Forum integriert werden. Anna Pataczek

Bis 30. März 2014, Di-Fr 10-18 Uhr, Sa und So 11-18 Uhr

Zur Startseite