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Christopher Lee auf der Berlinale 2012.

© Angelika Warmuth/dpa

"Dracula"-Darsteller Christopher Lee gestorben: Mitleid mit dem Monster

Mumien, Monster und Vampire machten ihn berühmt. Aber auch Count Dooku oder der Zauberer Saruman. Der Schauspieler Christopher Lee ist tot.

Auch ein Untoter kann ein Gentleman sein – und sexy noch dazu. Das ist die Attitüde, die Christopher Lee auf ewig der Tod und Eros mythisch vereinenden Filmfigur des Vampirs hinzugefügt hat. Für die Verkörperung des Graf Dracula, die dem britischen Schauspieler 1958 in einem Schauermärchen des legendären Hammer-Studios den endgültigen Durchbruch bescherte, brachte er quasi von Hause aus die nötige Haltung mit. Der Vater des am 27. Mai 1922 in London geborenen Lee war ein britischer Offizier, die Mutter eine italienische Gräfin. Sein stattliches Körpermaß belief sich auf knapp zwei Meter. Christopher Lee war eine Erscheinung, die auch ohne weitschweifige Dialoge wirkte. Sein großes Vorbild war der deutsche Stummfilmschauspieler Conrad Veidt.

Seine Eltern hätten gern gesehen, dass er eine Diplomatenlaufbahn einschlägt, hat er einmal erzählt. Daraus sei dann mangels Geld für eine noble Privatschule nichts geworden. Doch ein Diplomat des Dunklen, abonniert auf die dunkle Seite der Macht – das ist der viele Jahrzehnte auf Bösewichte festgelegte Schauspieler durchaus geworden. Nur folgerichtig also, dass ein zärtlicher Gothic-Mythomane wie Tim Burton ihn 1999 mit einer Rolle in „Sleepy Hollow“ zum Mitglied seiner auch Bela Lugosi und Vincent Price umfassenden Gruselfamilie machte. Es war eine Art Wiederauferstehung des zu diesem Zeitpunkt halb vergessenen Darstellers. In vier Burton-Filmen ist er aufgetreten, zuletzt in „Dark Shadows“.

Christopher Lee war nach seinem Kriegsdienst bei der Royal Air Force 1946 ohne Bühnenausbildung direkt beim Film gelandet. Er stieg zu einem der meist beschäftigen Filmschauspieler überhaupt auf. Unglaubliche 280 Rollen weist die Filmografie auf, darunter nicht nur die mit seinem Namen verbundenen Monster, Mumien, Mutationen.

Für die wiederum brachte Lee durchaus Herzenswärme auf und spielte sie betont mit menschlichen Facetten, wie er dem Tagesspiegel vor zehn Jahren erzählte. „Er ist nicht wirklich böse, er hat kein Bewusstsein und keine Entscheidungsfreiheit“, sagte er über Frankensteins Monster, das in seinen Augen ein unschuldiges Wesen war. Und weiter: „Die Leute denken, die Mumie sei ein Monster. Aber das stimmt nicht, die Mumie kennt einfach den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht.“ Auch Dracula war für ihn eine bemitleidenswerte Kreatur. „Unsterblichkeit bedeutet grenzenlose Einsamkeit.“

Eine Einsamkeit durch Andersartigkeit, die auch die von ihm verkörperten Figuren des Zauberers Saruman in Peter Jacksons Tolkien-Verfilmung „Der Herr der Ringe“ oder des Jedi-Meisters Count Dooku in „Krieg der Sterne“ spüren, die sich in übersteigertem Elitebewusstsein und von der Welt unverstandenen Allmachtsfantasien verlieren.

Vor so einem dunklen Sog war der mit trockenem Humor gesegnete Sir Christopher Lee gefeit. Der vor seiner Filmlaufbahn zum Opernsänger ausgebildete und vor einigen Jahren noch mit einem kuriosen Heavy-Metal-Album als Sprechsänger hervorgetretene Ehemann und Vater einer Tochter hat sich viele Jahre als Botschafter von Unicef engagiert. Zuletzt war er in „Der Hobbit“ zu sehen. Am Sonntag ist Christopher Lee im Alter von 93 Jahren gestorben, wie seine Familie am Donnerstag bekannt gab.

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