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Hanser-Verleger Jo Lendle.

© Imago

E-Book-Verlag von Hanser startet: Neue Zeiten, andere Bücher

Begeistert kündigt der Hanser Verlag seine „Hanser Box“ an, einen digitalen Ableger des Münchener Hauses. Ab nächste Woche kommen dort zum Start gleich zehn E-Books only heraus, erhältlich bei allen gängigen Buchhandelsplattformen. Doch so neu ist die Idee nicht.

Besser kann es für einen neuen Verlag kaum laufen. Der Verleger kündigt die Gründung und das erste Programm an, erzählt ein bisschen was von der Philosophie und Strategie seines Verlags – und alle Welt meldet, berichtet und zeigt sich ganz gewaltig gespannt. Die sogenannte „Hanser Box“ ist also da, der digitale Ableger des Münchener Hanser Verlags. Ab nächste Woche kommen dort zum Start gleich zehn E-Books only heraus, erhältlich bei allen gängigen Buchhandelsplattformen, also auch bei Amazon. In Folge soll es dann wöchentlich ein neues elektronisches Buch geben, zum Preis von 1,99 bis 4,99 Euro, mit jeweils 20 bis 100 Seiten. „Große Autoren im kleinen Format, direkt und auf den Punkt“, so bringt Hanser-Verleger Jo Lendle dieser Tage die Hanser Box auf den Punkt, „Texte, die nicht ins klassische Buchformat passen und dennoch einen eigenen Auftritt verdienen.“

Die großen Autoren hat Hanser zweifelsohne, da kann Lendle gar nicht vollmundig genug sein; das Konzept aber ist dann gar nicht mal so neu und sensationell. Das kennt man schon vom Buchhandelsgiganten Amazon, der mit den „Kindle Singles“ erst in den USA verlegerisches Neuland betrat und seit einem Jahr einen deutschen Ableger hat. Oder man kennt es vom Sukultur Verlag, der kleine, gelbe Bücher von schmalem Umfang und für sehr wenig Geld veröffentlicht, und seit geraumer Zeit unter dem Namen „Minimore“ digitale Indiebücher verlegt. Und natürlich erinnert die Hanser Box auch an die Edition Suhrkamp digital, die der Suhrkamp Verlag 2011 mit einem Bericht von William T. Vollmann über die „Sperrzone Fukushima“ startete.

„Neue Bücher für eine neue Zeit“ nennt Suhrkamp diese Bücher, die es elektronisch und gedruckt gibt, „kurze, aktualitätsbezogene, thesenstarke Bände, Manifeste, Langreportagen, Dossiers und Features. 40 bis 90 Seiten, die man auf der Bahnfahrt von Berlin nach Hamburg lesen kann“. Klang damals gut, klingt heute gut – nur sind bislang lediglich 13 Bände erschienen, der letzte vor genau einem Jahr. Eingestellt sei die Reihe aber nicht, heißt es beim Suhrkamp Verlag.

Das Problem dieser aktualitätsbezogenen oder kurzfristig veröffentlichten Mini-Bücher ist es nämlich, sie dem Publikum nahezubringen, sie überhaupt auf dem Markt sichtbar zu machen. Die klassischen Buchhandlungen fallen weg, klar; auch die vermittelnde Kritik kann hier wenig ausrichten; und die digitale Welt ist groß und weit und übervoll. Lässt sich bei Amazon schnell mal auf die Kindle-Single-Seite abbiegen und was ins Körbchen legen, müssen Hanser-Box- oder Edition-Suhrkamp-Digital-Bücher schon tapfer gesucht, vielleicht über soziale Medien gezielt beworben werden. Die wichtigste Aufgabe steht Jo Lendle also noch bevor: die Hanser Box zu einer Marke zu machen, die Woche für Woche einfach so gekauft wird, so wie das „Micky Maus“-Heft am Freitag oder der „Kicker“ am Montag.

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