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Kultur: E. L. Doctorow: City of God

In dem 1975 erschienenen Roman "Ragtime" von Edgar Lawrence Doctorow sagt Sigmund Freud während seines Besuchs in den Vereinigten Staaten: "America is a mistake, a gigantic mistake." E.

In dem 1975 erschienenen Roman "Ragtime" von Edgar Lawrence Doctorow sagt Sigmund Freud während seines Besuchs in den Vereinigten Staaten: "America is a mistake, a gigantic mistake." E. L. Doctorow, der heute seinen 70. Geburtstag feiert, ist, so ungewöhnlich das klingen mag, ein ausdrücklich sozialkritischer amerikanischer Autor: Seine Themen sind das korrupte New York der Jahrhundertwende, die Depression der dreißiger Jahre, die McCarthy-Ära, der Vietnamkrieg.

Doctorow, dessen Vorfahren aus dem zaristischen Russland nach Amerika ausgewandert sind, erzählt so die Sozialgeschichte eines Landes, in dem es von kleinen und großen Verbrechern wimmelt, das geprägt ist von jüdischen und von anderen Außenseitern, von historischen Figuren und politischem Filz. "Ragtime", Doctorows erfolgreichster Roman, wird zu einer Abrechnung mit dem amerikanischem Traum, "Das Wasserwerk" von 1995 schildert die Machenschaften des legendären New Yorker Gewerkschaftsbosses Tweed kurz nach dem Bürgerkrieg. Versetzt mit authentischem Material entwirft Doctorow seine Sittengemälde so detailgetreu und lebensnah, dass auch Hollywood immer wieder Interesse fand: "Willkommen in Hard Times", "Ragtime" und "Billy Bathgate" wurden, wenn auch mit mäßigem Erfolg, verfilmt.

Pflichtbewusst wie ein Chronist hat der studierte Philosoph Doctorow sein Leben lang an einem literarischen Kommentar weitergeschrieben, den zunehmend Resignation prägt, der der eigenen Gesellschaft dennoch auf der Spur bleibt: Im vergangenen Frühjahr erschien in Amerika Doctorows letzter Roman "City of God", in dem der New Yorker Schriftsteller Everett bei einem theologisch erschöpften Priester und einer Rabbinerin um Kritik an seinem Werk nachsucht. Der vielstimmig gebaute Roman im Roman lässt neben Albert Einstein auch Ludwig Wittgenstein und Frank Sinatra auftreten. Die "New York Times" nannte "City of God" einen philosophischen Roman über Ideen - "über die Idee von New York, von Gott, von Literatur".

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