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Der Kleine Saal der Elbphilharmonie beim Eröffnungskonzert am Donnerstag.

© Jann Wilken

Elbphilharmonie: der Kleine Saal: Grotte mit Galerie

Zweiter Tag der Elbphilharmonie-Eröffnung: Auch der Kleine Saal ist optisch und akustisch gelungen. Ein Konzert mit dem Hausensemble Resonanz.

„Wir würden momentan auch mit Konzerten von Kamm blasenden Putzfrauen das Haus vollmachen.“ Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter hat gut lachen, denn tatsächlich ist er für die komplette erste Saison bereits ausverkauft. Selbst für die „blind date“-Abende, bei denen weder feststeht, welche Interpreten auftreten noch welche Stücke sie spielen, gibt es keine Tickets mehr.

Die rätselhaften Rendezvous zwischen Musikern und Publikum werden im Kleinen Saal stattfinden, der nun, als Teil zwei der Eröffnungsfeierlichkeiten, am Donnerstag durch das hier künftig residierende Ensemble Resonanz eingeweiht wurde. Eine ganz traditionelle rechteckige Schuhkarton-Form haben die Architekten für den kleinen Saal gewählt. Sie verblüffen aber die Besucher ebenso wie nebenan in der großen, lichten Halle durch eine faszinierend organisch anmutende Wandverkleidung. Wie in einer Grotte fühlt man sich hier. Wüsste man nicht, dass Holzpaneele aus französischer Eiche verbaut wurden, man würde die buckelige Struktur für rötlichen Sandstein halten oder gar für aufgequollenen Lehm. Den Boden bedeckt, wie auch im großen Saal, helles Parkett, die 550 Stühle sind nicht fest montiert, um variable Bespielungen zu ermöglichen.

Clou des Raumes aber ist die umlaufende Galerie oberhalb der Vertäfelung, die optisch eigentlich ganz vom Schwarz der Decke verschluckt wird, beim Auftaktkonzert aber die Hauptrolle spielt: Georg Friedrich Haas lässt bei seiner Auftrags-Uraufführung „Release“ die Instrumentalisten nämlich zunächst über den Köpfen des Publikums spielen. An menschliches Atmen soll das stetige An- und Abschwellen, Steigen und Fallen seiner mikrotonalen Musik erinnern. Die Assoziation mit bewegtem Wellengang allerdings drängt sich mehr auf, gerade an diesem stürmischen Januarabend.

Ein warmer, dichter Klang, ideal für Kammermusik

Wie gut dem Akustiker Yasuhisa Toyota auch der Kleine Saal gelungen ist, zeigt sich anschließend bei zwei Klassikern der Moderne, Alban Bergs sieben frühen Liedern, die Sandrine Piau bewundernswert einfühlsam singt, und Bela Bartoks „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“, die Dirigent Emilio Pomarico mit ausladender Gestik befeuert. Der intimen Atmosphäre einspricht ein warmer, dichter Klang, ideal für jede Form von Kammermusik.

Jetzt, wo der Erregungspegel der ersten Nacht etwas abgeklungen ist, fallen beim Wandeln durch die Foyerbereiche Details auf, die tags zuvor im Trubel des Promiauflaufs untergegangen waren. Wie modisch raffiniert die Service-Mitarbeiter an den Garderoben und den Bars gekleidet sind beispielsweise: Zur modernen Interpretation des Fracks, dessen knallrotes Innenfutter bei schnellen Bewegungen aufblitzt, tragen sie maritime Shirts, die Damen mit roten Streifen auf weißem Grund, die Herren in blau-weiß.

Merkwürdig unspektakulär ist die „Tube“, die 82 Meter lange Röhre, durch die man auf die öffentliche Plaza in 37 Metern fährt: eine Rolltreppe halt. Oben angekommen, locken dagegen zwei ohrmuschelförmige Treppenhäuser auf elegant-symbolische Weise in jene Teile des Gebäudekomplexes, wo es vor allem aufs Hören ankommt.

Arte zeigt am 15. Januar ab 16.50 Uhr eine Dokumentation zur Entstehung der Elbphilharmonie sowie Ausschnitte aus dem Eröffnungskonzert. Die erste CD-Aufnahme aus dem Saal ist seit Freitag im Handel: Das NDR Elbphilharmonie Orchester spielt unter Thomas Hengelbrock die 3. und 4. Sinfonie von Brahms (Sony).

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