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Das neue Hausmädchen Eun-yi, gespielt von Jeon Do-youn.

© Alamode/Die Filmagentinnen

Das Hausmädchen: Ende einer Dienstmagd

Raffiniert und mit klirrender Bosheit präsentiert Regisseur Im Sang-soo die Upperclass in „Das Hausmädchen“, einem Remake des gleichnamigen koreanischen Klassikers aus dem Jahr 1960.

So sind sie, die Superreichen. Spielen vorm Frühstück Beethoven auf dem eigenen Flügel, überlassen nach dem casual Dinner die restlichen Austern dem Dienstpersonal, schlürfen fachmännisch teuersten Rotwein und holen sich ihre sexuelle Befriedigung beim Hausmädchen, weil es die hochschwangere Frau im Bett gerade nicht bringt.

Raffiniert und mit klirrender Bosheit präsentiert Regisseur Im Sang-soo die Upperclass in „Das Hausmädchen“, einem Remake des gleichnamigen koreanischen Klassikers aus dem Jahr 1960. Schon die kleine Tochter tritt in herrischer Manier auf, und die ältere Hausdienerin strahlt jene distinguierte Melancholie aus, die frühere Verletzungen gerade noch ahnen lässt. Eun-yi, das neue Hausmädchen (Jeon Do-youn, ein Star in Korea), bringt Leben in die klassizistische, durchgestylte Villa. Eine junge Frau, hübsch, sexy, unbekümmertes Gemüt, offener Blick, fröhliches Lachen. Ihr gefällt es, dass der kultivierte Macho von Hausherr nachts zu ihr kommt. Meister und Magd, ein erotisches Spiel.

Aber Im Sang-Soos Thriller erschöpft sich nicht im Design hochglanzpolierter obskurer Begierden der Bourgeoisie. Im Schwarz-Weiß-Klassiker von 1960 ging es um eine durchaus sympathische, aufstrebende Mittelschichtfamilie, um die Versuchung des Geldes und des Sex’, eine Moritat mit mörderischen Folgen. Das Remake ist noch unbarmherziger. Denn kaum, dass Eun-yi schwanger wird und den Hass der Hausherrin sowie von deren Mutter auf sich zieht, wird sie noch skrupelloser misshandelt als ihre Vorgängerin vor 50 Jahren. Jene war weniger Verführte als Verführerin und zog bei ihrem Rachefeldzug die gesamte Familie mit ins Verderben. Die Dienstmagd des 21. Jahrhunderts wird eiskalt abserviert. Intrigen, Gift, Psychoterror, offene Gewalt: Skrupellos verteidigt der Geldadel den eigenen Clan. Als Gegenwaffe bleibt Eun-yi nur der eigene Tod; auch ihn setzt Im Sang-soo als erlesene Grausamkeit in Szene.

Eine bittere Analyse der heutigen koreanischen Gesellschaft, eine soziale Anklage im Gewand einer Chabrolschen Milieustudie. Wie politisch der Thriller gemeint ist, macht der Vorspann deutlich: Eine Straßenszene mit der Jugend Koreas, mit Garküchen, Kneipen, Disco. Ein Mädchen springt vom Balkon, die Umrisse ihres Körpers auf dem Asphalt, eine Blutlache – und die Party geht weiter. Ein raffiniertes koreanisches Psychodrama.

Südkorea 2010, 107 Min., R: Im Sang-soo, D: Jeon Do-youn, Lee Jung-jae, Seo Woo, Youn Yuh-jung

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