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Kultur: Freiheitsdrang

Von Teheran bis Havanna: die Kino-Doku „Yume“

Drei junge Frauen in drei extrem unterschiedlichen Metropolen. Alle drei kommen aus nicht ganz armen Familien, sind aber mangels geregelter Erwerbstätigkeit gezwungen, noch bei den Eltern zu leben. Denn sie verzichten auf bürgerlichen Beruf und entsprechendes Einkommen und wollen lieber ihr eigenes Ding durchziehen. Tonko in Tokio hat sich Musik und Gesang verschrieben. Talent hat sie reichlich, doch der Weg ins Profigeschäft ist eng: So baut sie ihre im Einkaufstrolley hergekarrten Boxen auf dem Bürgersteig auf und versucht dort, zum Playback-Konzert ein paar selbst gebrannte CDs zu verkaufen.

Ayin in Teheran trainiert sehr ernsthaft Kickboxen, allerdings ohne Perspektive. Im Café lästert sie mit Freundinnen über grassierende sexuelle Übergriffe und über die Teheraner Polizei, die die Schuld dafür stets beim angeblich unsittlichen Verhalten der Frauen sieht. Und in einer kleinen Dachwohnung mit Terrasse über Havanna und Meer lebt die Videokünstlerin Analia mit ihrem Vater und wartet auf die beantragte Ausreise. Sie hat sich beim Auslandsstudium in einen Chilenen verliebt – und so von den drei Frauen die klarste Perspektive auf Änderung der beschränkten Situation.

Die beiden Filmemacherinnen Annkatrin Hausmann und Shirin Saghaie beobachten ihre Heldinnen im Alltag und bei atmosphärischen Reisen durch die jeweiligen Stadtlandschaften. Zusätzlich wurden Gespräche mit den Eltern inszeniert, deren Positionen zwischen versuchtem Verständnis und Feindseligkeit schwanken. Dabei spielen auch traditionelle weibliche Rollenerwartungen eine Rolle, bei Tonko und Ayin – beide sind solo – sorgen sich die Eltern vor allem um ihre Ehechancen. Und von Analia wird erwartet, dass sie die vom Vater getrennt lebende Mutter im Alter unterstützt.

Leider gelingt es den Filmemacherinnen in ihrer Abschlussarbeit an der Kölner Hochschule für Kunst und Medien nicht wirklich, über die Gemeinsamkeiten der Lebenswege ihrer Protagonistinnen hinaus eine stringente Argumentation zu erzeugen. Zusätzlich verstellt die starre Aufmerksamkeit für regional stereotype Konfliktsituationen den Blick auf die lebendige Individualität der Frauen. Sehenswert ist „Yume“ trotzdem als Materialsammlung unterschiedlicher Lebenswelten: Ein locker gewebtes Porträt junger Frauen, deren leidenschaftliche Ambitionen auf ein selbstbestimmtes Leben sich an den materiellen und sozialen Realitäten reiben. Silvia Hallensleben

Im fsk-Kino

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