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Christen erinnern an das Leiden und die Auferstehung Jesu.

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Ostern: Das Fest der Freiheit

Ostern erinnert daran, dass Freiheit mehr ist als die Auswahl an der Wursttheke. Und dass es einen gab, der das radikal vorgelebt hat. Ostern wäre ein guter Anlass, um zu schauen, wie ernst man es selbst mit der Freiheit nimmt.

Die Sehnsucht nach Freiheit kann Menschen unglaublich stark machen. Und so mutig, dass sie taub werden gegen Einschüchterung und Drohung. Tunesier und Ägypter, Libyer und Syrer machen es gerade vor. Auch in Deutschland ging es in den vergangenen Monaten viel um Freiheit, um die Befreiung von Stuttgart 21, Atomkraft, Guido Westerwelle. Und heute feiern Christen Ostern, das Fest der Freiheit.

Was die äußere Freiheit angeht, sind Jesus von Nazareth und seine Leute gescheitert. Jesus wurde gekreuzigt. Christen glauben aber, dass die Kreuzigung nicht alles war; dass Jesus Angst und Tod überwunden hat und auferstanden ist. Christliche Freiheit meint deshalb zuerst innere Freiheit. Dass man sich frei machen kann von allem, was niederdrückt und begrenzt, von Angst und Kleinmut, von Schuldgefühlen und Erwartungsdruck, von Neid und Hass. Wer innerlich frei ist, kann sich entfalten und sein Leben und die Gesellschaft gestalten. Dieses Versprechen kann große Kraft verleihen und beflügeln.

Aber frei zu sein, ist nicht immer angenehm und schon gar nicht bequem. Man muss Entscheidungen treffen und eine Vorstellung haben, wohin es gehen soll mit dem Leben. Je mehr Möglichkeiten es gibt, umso schwieriger ist das. Früher wurde eine Frau schwanger oder nicht. Heute kann sie medizinische Hilfen in Anspruch nehmen. Auch die Entscheidung in der Energiepolitik wäre einfacher, gäbe es nur Kohle oder Wind. Und wenn es schiefgeht, kann man keinen Gott und keinen Diktator dafür verantwortlich machen und auch nicht die Natur.

Freiheit bedeutet nicht nur, Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen, sondern auch Verantwortung für die anderen. Jesus und seine Jünger wollten Freiheit nicht wie die Herodes’ dieser Welt, um ihr eigenes Leben oder das ihrer Clique angenehmer zu machen, sondern auch das der anderen. Martin Luther hat die Spannung zwischen Freiheit und Verantwortung so formuliert: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht und jedermann untertan.“ Das kann ganz schön einsam machen. Denn wer will schon diese Anstrengungen auf sich nehmen?

Ostern erinnert daran, dass Freiheit mehr ist als die Auswahl an der Wursttheke. Und dass es einen gab, der das radikal vorgelebt hat. Auf diesen Jesus beruft sich, wer die christlich-abendländische Tradition beschwört. Ostern wäre ein guter Anlass, um zu schauen, wie ernst man es selbst mit der Freiheit nimmt. Sind wir „glückliche Sklaven“, von denen die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach annahm, dass sie die „erbittertsten Feinde der Freiheit“ sind? Sind „Pragmatismus“ und „Realismus“ Tarnkappen für Ideenlosigkeit und fehlenden Mut?

Auch wem Ostern und Jesus egal sind, schadet es nicht, mal zu fragen: Was will ich mit meinem Leben? Was würde ich gerne anders machen? Was fürchte ich? Man muss sich nicht gleich ans Kreuz nageln lassen. Aber vielleicht mal einen Blick hinter die Wirklichkeit wagen. Nicht nur sehen, wie ein Mensch ist, sondern wie er sein könnte. „Freiheit ist das Einzige, was zählt“, hat Marius Müller-Westernhagen gesungen. Aber wir müssen sie uns schon nehmen, diese Freiheit, und wir sollten wissen, wofür wir sie wollen. Das ist nicht einfach. Aber sicherlich einen Versuch wert.

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