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Der Film basiert auf einer wahren Geschichte. Mia Wasikowska ist Robyn Davidson, die 1977 allein durch die australische Wüste lief..

© Ascot Elite/dpa

Im Kino: "Spuren": Nicht ohne mein Kamel

Mia Wasikowska geht im australischen Wüstenfilm „Spuren“ fast 3000 Kilometer alleine von Alice Springs bis an die Küste - mit vier Kamelen und einem Hund. Eine wahre Geschichte aus den 70er Jahren.

Unter all den Aussteigern, die seit der Hippie-Ära der Zivilisation den Rücken kehrten, hatte die Australierin Robyn Davidson gleich bei ihrem ersten Trip das Zeug zum Star. 1977 durchquerte sie die australische Wüste allein mit vier Kamelen und ihrem Hund –- neun Monate auf sich gestellt, unterwegs von Alice Springs bis zum Indischen Ozean, annähernd dreitausend Kilometer unter sengender Sonne, abseits der Pisten durch Taburegionen der Aborigines.

Davidsons Reisebericht „Spuren“, den der australische Regisseur John Curran nun mit Mia Wasikowska verfilmt hat, nahm Millionen Leser auf das Abenteuer mit. Das Buch erzählt, wie sie Mitte 20 ihr Zoologie-, Musik- und Philosophiestudium unzufrieden aufgab, sich als Kamelpflegerin und -trainerin auf ihren Traumtrip vorbereitete und den langen Weg schließlich als Grenzerfahrung zur Selbstfindung auskostete. Die Geschichte lebt nicht zuletzt von dem schlichten Charme, ein zartes Miteinander von Mensch und Tier zu beschwören, denn die Nomadin hätte die Reise ohne ein inniges Verhältnis zu den drei Lastkamelen, einem Baby-Kamel und ihrem treuen Hund nicht bewältigen können. Auch lenkte Davidsons Abenteuer die Aufmerksamkeit auf die vergessene Tatsache, dass Kamele auf dem australischen Kontinent heimisch sind, seit sie um 1840 von englischen Pionieren importiert und später ausgewildert wurden.

Die schmale, androgyn wirkende Mia Wasikowska spielt ihre Rolle ungeschminkt als verblüffendes Double der Kamel-Lady, deren Bilder im blumigen Hippielook vor grandiosen Sonnen- und Sandlandschaften im „National Geographic“ veröffentlicht wurden und seither als Ikonen der Trekkingszene kursieren. Die menschenscheue junge Frau hatte einen Vertrag mit dem US-Fotografen Rick Smolan abgeschlossen, um ihre Kamele und Vorräte bezahlen zu können. Ihr Wunsch nach Abgeschiedenheit kollidierte mit der widrigen Verpflichtung, an bestimmten Treffpunkten für Fotosessions bereit- zustehen und dabei mit Hype-versessenen Touristen konfrontiert zu werden.

Der Film „Spuren“, der letzten Herbst auf dem Filmfest Venedig uraufgeführt wurde, begleitet die junge Frau zunächst nach Alice Springs, wo sie auf der Kamelfarm eines raubeinigen österreichischen Einwanderers (Rainer Bock) arbeitet, der die Tiere für Touristen abrichtet. Erst ein afghanischer „Kamelflüsterer“ bringt ihr die Geheimnisse der Verständigung mit den großen Tieren bei. Auf der Leinwand wird die lange Reise notgedrungen in einzelne Episoden unterteilt. Da verliert Robyn in der Savanne ihren Kompass, verirrt sich bei der Suche und findet nur mithilfe ihres Hundes zurück. Nach einem Sandsturm muss sie die Kamele wieder einfangen, ein anderes Mal gerät sie in Lebensgefahr, als wilde Kamele die kleine Gemeinschaft bedrohen und nur die Schrotflinte hilft. Mr. Eddy (Rolley Mintuma), ein alter Aborigine, begleitet sie durch ein magisches, für Frauen verbotenes Territorium. Und bei einem einsamen Farmerpaar, auf das sie in der Stille und Weite der Wüste trifft, kann sich Robyn von den Strapazen erholen.

In assoziativen Rückblenden wird außerdem Robyns Trauma vom frühen Verlust der Mutter als Schlüssel zu ihrer Tierliebe und Menschenscheu illustriert. Den roten Faden der Erzählung gewinnt der Film jedoch aus der Zerreißprobe zwischen ihrer Sehnsucht nach Verschmelzung mit der Natur und der Medienmaschine, die der Fotograf Rick Smolan (Adam Driver) in Bewegung setzt. Robyn entzieht sich souverän, indem sie ihren Weg fortsetzt. Die Bilder, die Regisseur Curran jedoch dafür findet, machen sie zu genau dem Model, das sie eigentlich nicht sein will. Eine erfahrene Wüstenreisende, die in sengender Sonne im schulterfreien Hippiekleid ohne Kopfbedeckung unterwegs ist? Man glaubt es kaum.

Ab Donnerstag in 15 Berliner Kinos. OmU: Babylon Kreuzberg, Central, Cinema Paris, Eiszeit, Eva-Lichtspiele, International, Odeon

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