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Porzellanköpfe und vasenähnliche Skulpturen von Kai Schiemenz.

© Ute Zscharnt

Kai Schiemenz im Mies van der Rohe Haus: Alles so schön bunt hier

Versunkene Städte, poppige Farben: Die Glasarbeiten von Kai Schiemenz setzen neue Akzente im Mies van der Rohe Haus.

Große Glasfronten prägen Mies van der Rohes Architektur im Haus Lemke, einem Juwel der modernen Baukunst im beschaulichen Berlin-Weißensee. Aus jedem Raum ist die Natur zu sehen, weiße Kirschblüten im Garten, das kühle Blau des Obersees. Dazu gesellen sich jetzt Flaschengrün, Kaugummirosa und Blassgelb von Kai Schiemenz’ Glasskulpturen. Die Arbeiten sind ihrer Umgebung ausgeliefert, ein Sonnenstrahl genügt, um die Wirkung und Farbigkeit der Skulpturen zu verändern.

Schiemenz’ Ausstellung „In Farbe“ eröffnet die dreiteilige Reihe „Glas“ in Mies van der Rohes Bau. Ein Thema, das an diesem Ort naheliegt. Drei Räume bespielt der in Berlin lebende Künstler mit seinen Skulpturen, jedes Zimmer bekommt eine eigene Atmosphäre. Im ehemaligen Wohnzimmer sind drei Arbeiten zu sehen, die an im Meer versunkene Städte wie das nordfriesische Rungholt erinnern sollen. In seiner Kindheit war Schiemenz fasziniert von diesen mythischen Orten. Die Werke bestehen aus dunklen, übereinandergesetzten Glasquadern. Sie sind transparent und opak zugleich, nur bis zu einem gewissen Grad kann man ins Innere des Glases blicken, erkennt Bläschen und andere Überbleibsel des Herstellungsprozesses.

Kunstgewerbe und Kunst

In Zeiten der Post-Internet Art bedeutet das Arbeiten mit Glas die Rückkehr zu einer alten, fast schon alchemistischen Kunstform. Schiemenz ließ seine Skulpturen auf traditionelle Weise in Böhmen anfertigen. Ein aufwendiger Prozess, der die Werke stark geprägt habe, wie er erzählt. Die tschechischen Glasgießer kommen aus dem Kunstgewerbe, sie haben eine eigene Vorstellung von Schönheit, die sich nicht unbedingt mit den Konventionen kontemporärer Kunst deckt. So seien einige der Skulpturen sehr viel „schöner“ im Design-Sinn aus dem Ofen gekommen, als Schiemenz dies ursprünglich für seine Objekte geplant hatte.

Versunkene Städte. „Rungholt“ (2015) erinnert an den mythischen Ort.
Versunkene Städte. „Rungholt“ (2015) erinnert an den mythischen Ort.

© Ute Zscharnt

Im Gegensatz zu den geheimnisvollen Versunkene-Städte-Arbeiten erstrahlen die Skulpturen und Wandobjekte im einstigen Arbeitszimmer des Hauses in poppigen Farben und sind dabei vor allem spektakulär anzusehen. Gerade die Mängel, die sichtbaren Überbleibsel des Herstellungsprozesses, machen die Werke zu etwas Besonderem. Sie stehen hier als Zeugnisse einer jahrtausendealten Kulturtechnik.

Ziggy Stardust im Kleinbürger-Wohnzimmer

Etwas aus der Reihe fallen zwei Porzellanköpfe, die Schiemenz neben drei vasenähnlichen Arbeiten im ehemaligen Schlafzimmer ausstellt. Sie sind eine augenzwinkernde Hommage an Porzellanrepliken der Stifterfiguren aus dem Naumburger Dom, die bei Schiemenz’ Großeltern über dem Fernseher hingen. Die Köpfe sollen auf die industrielle Massenproduktion verweisen, welche die Moderne prägte. Kai Schiemenz hat sie mit bunten Kunststoffplättchen versehen, herausgekommen ist eine Mischung aus Ziggy Stardust, Bauhaus-Malerei und kleinbürgerlicher Wohnzimmerdekoration.

Bei diesem Hinweis auf die Entstehungsepoche des Hauses bleibt es, ansonsten konzentriert sich Schiemenz auf die Anziehungskraft seines Materials und das Zusammenspiel der bunten Arbeiten mit Mies van der Rohes minimalistischer Architektur. Das macht „In Farbe“ zu einer kleinen, feinen Ausstellung, die zeigt, welche Effekte man mit Glas erzielen kann.

Mies-van-der-Rohe-Haus, Oberseestr. 60, bis 25. Juni, Di–So, 11–17 Uhr

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