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Deutsche Kinogrößen: Matthias Schweighöfer (links) als exzentrischer Schauspieler und Til Schweiger als sein geplagter Produzent.

© dpa

Kokowääh 2: Die Schweiger-Formel

Wer sich Til Schweigers neue Romantikkomödie "Kokowääh 2" im Kino anschaut, darf sich auf Eintönigkeiten gefasst machen. Das finden die einen tatsächlich "cool" - für die anderen hat Schweiger ein paar Reminiszenzen eingebaut.

Die Deutungshoheit über „Kokowääh 2“ gibt Til Schweiger gar nicht erst aus der Hand. „Ich will nicht, dass jemand mein Drehbuch umschreibt“, jammert er, oder besser: seine Filmrolle Henry, schon in den ersten zehn Filmminuten.

Henry arbeitet als Filmproduzent bei Uranus Film, also nomen est omen als Himmelsgott an einem neuen Kinohit. Das Drehbuch dazu hat Henry selbst verfasst. Aber sein Chef will einen von Kritikern gefeierten und mit Filmpreisen überhäuften anderen Autor hinzuziehen. Doch dessen letzten Film „hatten noch nicht mal 20.000 Besucher gesehen“, trotzt Henry zurück.

Es ist dieser Trotz, mit dem Til Schweiger seine Filme in die Multiplexe bringt. Auch Schweiger arbeitet immer in Personalunion: Als Regisseur, Produzent, Co-Autor und Hauptdarsteller. „Kokowääh 2“ ist nach „Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“ und dem Vorgänger „Kokowääh“ der vierte Schweiger-Seufzerfilm.

Knapp 15 Millionen Zuschauer haben sich die ersten drei Filme zusammengenommen im Kino angesehen. Das Sequel wird Schweigers Erfolg wahrscheinlich fortsetzen. Denn er hat mittlerweile Übung darin, er hat sich selbst eine funktionierende Filmformel geschrieben. Die Schweiger-Formel: Boy meets Girl plus Pipi-Kacka-Humor plus Sonnenuntergangs-Happy-End.

Protagonist Henry wird nach seinem Drehbuchärger auch noch von seiner Freundin (Jasmin Gerat) verlassen und muss dann im Verlauf von zwei Stunden das gemeinsame Baby schaukeln, die frühpubertäre Tochter (Schweiger-Tochter Emma) trösten und dem neu eingestellten sexy Kindermädchen widerstehen. Außerdem muss sich Henry für seinen Film mit dem jungen exzentrischen Schauspieltalent Matthias Schweighöfer (der angenehm ironisch vom jungen exzentrischen Schauspieltalent Matthias Schweighöfer gespielt wird) rumschlagen.

Dem Publikum gefällt das. "Weißt du, dass der das Drehbuch selbst geschrieben hat?", wird über Til Schweiger geflüstert. "Echt? Cool." Und auch der Soundtrack, hochschraubende Romantik-Popsongs, würde sich lohnen, meint eine Kinogängerin nach dem Abspann, "eben so als Handyklingelton". Schweiger hat sich ein Komödienuniversum geschaffen, in dem er Erwartbarkeiten erst aufgebaut hat und nun voller Genuss in eine Endlosschleife setzt. Sein Publikum dankt es ihm.

Dabei bleibt eine tatsächliche Dramaturgie allerdings auf der Strecke. Im Plot versteckt lauern zwar viele Reminiszenzen an große Filme, „Star Wars“ wird zitiert, „Scarface“, „James Bond“. Aber sonst ist die Dialogschiene dünn. Selbst die exakten Sprüche, die in „Keinohrhase“ und „Zweiohrküken“ schon gut ankamen, werden noch mal hervorgeholt. Schweiger zitiert Schweiger. Man könnte sich hier ärgern, dass er zum Teil Kultfilme kopiert – man kann aber auch einen Denksport draus machen und mit der Zitatsuche die Langeweile bekämpfen.

Denn „Kokowääh 2“ fließt von verlässlichen Witzen (Baby pinkelt Papa beim Windeln wechseln an) zu verlässlichen Witzen (Baby kackt auf den Perserteppich) zu verlässlichen Witzen (Waschmaschine setzt Küche unter Wasser) dahin. Bis zum nächsten Kalauer bleibt hin und wieder Zeit für große Gesellschaftsthemen: Welche Verständigungsprobleme mit der Zuwanderung einhergehen, merkt zum Beispiel Henrys Freund Tristan (Samuel Finzi), als er bei einer Kopftuch tragenden Verkäuferin das Wort „Duschlampe“ so oft wiederholt, bis deren großer Bruder zuschlägt. Und als eine Globalisierungs- und Nachhaltigkeitskritikerin zehn Appellsekunden erhält, reicht ein unterbrechender iPhone-Klingelton als Pointe.

Til Schweigers Filme schaffen so einen Spagat zwischen Banalität und Glamour. Seine Figuren sagen Sätze wie „Überall lässt du deine Socken liegen“ und stehen dann erbost im Designerloft. Der Zuschauer darf sich darin wieder finden und zugleich in eine Welt der Schönen und Reichen träumen.

Zuletzt taucht der hoch dotierte Avantgardeautor auf und hält Schweiger/Henry dessen Drehbuch unter die Nase. Es sei großartig, hinfort mit den Kritikern jubelt der Autor: „Die Leute wollen schließlich ein Happy End.“ Bei Schweiger bekommen sie das.

Mehr aber auch nicht.

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