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Merrill Garbus, Sängerin der Tune-Yards.

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Konzert der Tune Yards im Lido: Tweedle-deedle oh diddy

Verspielter Pop aus Kalifornien: Piu, piu, macht das Pocket-Piano, dong, dong, macht die Pauke, klack, klack der Drum-Computer. Und dazu singt die Leadsängerin Merrill Garbus.

Von Oliver Bilger

Auf Merrill Garbus’ Kleid treffen sich eine tickende Uhr, ein Fliegenpilz, eine Ananas, Melonen und jede Menge anderes Obst. Wenn die Sängerin der Tune-Yards hüpft wie ein Flummi, dann wirbelt das Obst durcheinander, was so aussieht, als würde da ein Standmixer einen Smoothie zubereiten. Garbus, ihr Partner und zukünftiger Ehemann Nate Brenner sowie drei Gastsängerinnen und Percussionistinnen spielen im beinahe ausverkaufen Lido ein Konzert, das die Synapsen überreizt, bis man sich nicht mehr anders zu helfen weiß, als sich unkontrolliert zu schütteln und zu hüpfen wie Garbus auf der Bühne.

Die Band aus Kalifornien beginnt mit Songs des neuen Albums „nikki nack“, Pausen gibt es keine, weshalb das Publikum am vermuteten Anfang jedes neuen Songs zu jubeln beginnt. Erst als sich Garbus für „Powa“ und „You yes yes“ ihre Ukulele umhängt, die wahlweise wie eine E-Gitarre mit viel Tremolo oder ein Piano klingt, bleibt etwas Zeit zum Verschnaufen. Piu, piu, macht das Pocket-Piano, dong, dong, macht die Pauke, klack, klack der DrumComputer, loop, loop die Loop-Station, „No water in the water fountain / No wood in the woodstock / Nothing much to do when you’re going nowhere / Woohaw! / Woohaw!“, singen Garbus und die drei Sängerinnen. Garbus’ außergewöhnliche Stimme kommt live deutlich besser zur Geltung als auf ihren drei Alben. Sie klingt mal schrill wie eine Sirene, mal soulig, dann wieder sanft und leise. Auf den Platten ist ihre Stimme stets an die Gesamtlautstärke angepasst, beim Konzert erhebt sie sich über die lauten Drums, die Backgroundsängerinnen und den Bass von Brenner. „Glory, it’s good to be me“, singt die 36-Jährige und schaut mit kriegsbemalten Augen ins Publikum. Das Stück wirkt wie ein Geständnis am Ende eines langen Prozesses der Selbstakzeptanz.

Tune-Yards sind von afrikanischer Musik beeinflusst, was Garbus’ Studienaufenthalte in Kenia zu verdanken sein dürfte. Doch bevor man zu falschen Schlüssen kommt, werden Themen wie Neokolonialismus, Racial Profiling und Fragen von Race und Gender in den Lyrics aufgenommen. So viel Freude an semantischen Spielereien („Tweedle-deedle oh diddy oh didee-ay“ / „Yackity yackity yackity yackity yack“) und polyrhythmischen sowie melodiösen Experimenten erlebt man selten auf der Bühne. Anne-Sophie Balzer

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