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Jördis Triebel (l.) spielt Linda, Lisa Hagmeister verkörpert Clara.

© Mike Wolff

Lars Kraumes "Meine Schwestern": Du gehörst zu uns

In Lars Kraumes „Meine Schwestern“ müssen drei Frauen damit umgehen lernen, dass eine von ihnen sehr bald an Herzschwäche sterben wird. Eine Begegnung mit zwei der Hauptdarstellerinnen: Jördis Triebel und Lisa Hagmeister.

Jördis Triebel will es wissen. „Wann genau haben Sie angefangen zu weinen? Schon auf der Paris-Reise?“ Hoppla, Rollentausch. Was wird das jetzt – peinliche Publikumsbefragung? Jedenfalls sehr schwer zu sagen. Doch ja, auf jeden Fall flossen die unfreiwilligen Tränen schon, als die drei Filmschwestern in Paris unterwegs waren. Die Schauspielerin und ihre Kollegin Lisa Hagmeister tauschen ein zufriedenes, ja fast triumphierendes Lächeln. Eine Zuschauerin zu rühren, das haben sie mit ihrem Herztod-Drama „Meine Schwestern“ offensichtlich schon mal geschafft. Schade nur, dass Nina Kunzendorf fehlt. Sie hätte Lars Kraumes Kleeblatt eindrucksvoller Schauspielerinnen komplett gemacht. Dafür hat Hagmeister ihre kleine Tochter mitgebracht. Die Schauspielerin gehört zum Ensemble des Thalia-Theaters und ist direkt aus Hamburg zum schneeflockenumwirbelten Treffen im Panorama-Café hoch oben über dem Potsdamer Platz angereist. Triebel hatte es da kürzer, sie lebt mit ihrer Familie in Friedrichshain. Die beiden Thirtysomethings kennen sich schon von der Schauspielschule Ernst Busch.

Mit Regisseur Lars Kraume, der für sein Lehrerdrama „Guten Morgen, Herr Grothe“ und die Fernsehserie „KDD-Kriminaldauerdienst“ zu Recht mit Preisen überhäuft wurde, haben sie quasi schon bei der Berlinale 2007 den Grundstein für den jetzigen Festivalbesuch gelegt. Da hat Kraume sich mit ihnen und Nina Kunzendorf getroffen und seine aus einem persönlichen Erlebnis resultierende Idee skizziert, die er unbedingt mit ihnen besetzen wollte: Ein Film über eine Herzkranke, deren eh schon 30 Jahre über der Prognose liegende Lebenserwartung nun zu Ende geht. „Und weil wir drei Frauen sind, haben wir halt drei Schwestern draus gemacht“, sagt Hagmeister. Heißt, der Regisseur hat die Schauspielerinnen zum gemeinsamen Improvisieren und Entwickeln des Stoffes eingeladen. Erst nach diversen Arbeitssitzungen hat die Autorin Esther Bernstorff 2009 eine Drehbuch-Fassung verfertigt.

„Das war ein total ehrliches Projekt“, sagt Hagmeister, „man war als Schauspieler nie schlauer als die Figur“. Zum Dreh der Szenen in Tating an der Nordsee, dem Kindheitsort der Filmschwestern, konnten die Frauen Männer, Kinder oder Eltern mitbringen. „Da haben wir alle zusammen in einem großen Haus gelebt.“

Es hätte Kitsch werden können. Aber dazu ist das Leben zu hart.

Jördis Triebel (l.) spielt Linda, Lisa Hagmeister verkörpert Clara.
Jördis Triebel (l.) spielt Linda, Lisa Hagmeister verkörpert Clara.

© Mike Wolff

Sicher ein idealer Nährboden für die ambivalenten geschwisterlichen Gefühle, die in Kraumes Familienaufstellung allgegenwärtig sind. Denn natürlich hat die Krankheit der großmütig ihr Schicksal annehmenden mittleren Schwester Linda (Jördis Triebel) nicht nur ihr selbst Wunden geschlagen. Davon können das ziellos herumkünstlernde kleine Hascherl Clara (Lisa Hagmeister) und die kühle Nina Kunzendorf als kontrollfixierte große Schwester Katharina ein Lied singen. Lindas möglicher Tod bei einer bevorstehenden Herz-OP dramatisiert die in der Rückschau erzählte Gemengelage.

Eine Familiengeschichte ganz wie in einem tränenseligen Hollywood-Melodram inklusive zweier Sehnsuchtsreisen ins alte Kinderparadies – und eben nach Paris. Aber inszeniert von Lars Kraume, der über jeden Kitsch-Verdacht erhaben ist. Ihnen sei immer bewusst gewesen, wie leicht die Geschichte schnulzig werden kann, sagt Triebel. „Aber die Härte des Lebens verhindert den Kitsch“, ergänzt Hagmeister und erzählt, wie sie beim Dreh einen Dialog nach dem anderen rausgeschmissen haben. „Die hatten was viel zu Erklärendes.“ Gedreht hat das kleine Team übrigens chronologisch, was angesichts notorischer Budgetnöte in der Filmproduktion heute absolut unüblich ist. „Ein Luxus“, sagt Triebel, „weil ich beim Spielen weiß, aus welcher Situation ich komme und in welche ich gehe.“

Einen Rückfall in eigene Kindheitsmuster oder die der Filmschwestern haben sie selbst beim Dreh aber nicht festgestellt. Obwohl, na ja, die zarte Hagmeister zögert. Sie sei ja auch in Wirklichkeit die Jüngste gewesen „und Nina und Jördis kannten sich schon viel besser und länger“. Ja, und deswegen hätten sie auch viel weniger mit Lisa gespielt, flachst die taffe Triebel. Die jedenfalls ist mit dem Geschwisterthema vertraut – sie ist als eine von drei Schwestern in Prenzlauer Berg aufgewachsen, Hagmeister dagegen als Charlottenburger Einzelkind. Das fand sie immer doof. „Allein kann man im Mikrokosmos Familie keine Partei gegen die Eltern aufmachen.“ Und überhaupt sei es schön, wenn jemand einfach so zu einem gehört, ohne dass man dafür kämpfen muss. So, wie das auch Linda in „Meine Schwestern“ erfährt.

10.2., 19 Uhr (Cinemaxx 7), 11.2., 20.15 Uhr (Cinestar 3), 12.2., 22.30 Uhr (Cubix), 14.2., 21.30 Uhr (Thalia Potsdam), 15.2., 22.30 Uhr (Colosseum)

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