zum Hauptinhalt

Konzertvorschau: Farin Urlaub macht Ferien von den Ärzten

Vier Alben hat Farin Urlaubs Racing Team inzwischen vorgelegt. Am Sonnabend will der 46-Jährige, der gerade mal wieder Pause von den Ärzten macht, seine Fans in der Wuhlheide zum Schwitzen bringen.

Er schreibt einfach zu viele Songs. Eine Band reicht da nicht, selbst wenn es die selbst ernannte beste Band der Welt ist. Farin Urlaub von den Ärzten ist seit 2001 auch solo unterwegs, mit eigener Band. Mittlerweile hat das Farin Urlaub Racing Team (Furt) mit „Die Wahrheit übers Lügen“ das vierte Album vorgelegt. Am Sonnabend werden Farin Urlaub und seine elf Musiker auf der Bühne in der Köpenicker Wuhlheide die Fans zum Schwitzen, Springen und Jubeln bringen.

Schuld ist London, irgendwie. Auf einer Klassenfahrt in die Stadt an der Themse in den späten Siebzigern entdeckt Farin Urlaub, noch als Jan Ulrich Max Vetter, den Punk in sich. Er lässt sich die Haare schneiden und bleichen und kehrt als Punkrocker zurück nach Berlin: Normalbürger-Dasein adé. Er wird schnell Teil der Berliner Punk-Szene, im Ballhaus Spandau lernt er Dirk Felsenheimer alias Bela B. kennen, mit dem er 1983 die Ärzte gründet. Seine Mutter, mit der er damals in Frohnau lebt, ist ein anderes Puzzleteil auf dem Weg von Jan Vetter zu Farin Urlaub: Noch heute liebt er die Beatles, die seine Mutter immer spielte und die ihn musikalisch geprägt haben. Den Grundstein aber legte er selbst: Mit neun Jahren beschloss Farin Urlaub, Gitarre spielen zu erlernen.

Inzwischen ist er 46 Jahre alt, war noch nie betrunken, und hält vermutlich einen recht morbiden Weltrekord: Sterben in Musikvideos. Zuletzt fand der 1,94 Meter große Blonde den Tod im Video zu „Nichimgriff“, der ersten Single des neuesten Albums. Zum achten Mal, bei einer Tankstellenexplosion. Und mit ihm das ganze Racing Team. Hegt etwa der bevorzugte Regisseur Norbert Heitker einen leichten Unmut gegen den Musiker?

Die Songtexte von Farin Urlaub sind seit den Anfängen mit den Ärzten von Ironie getränkt. Er schreibt ganz gern über Abseitiges wie mordende Duschen, aber auch um Trennung und Herzschmerz macht er keinen Bogen, verpackt sie in rockige Gitarrenriffs. Insgesamt wirken die neusten Songs nachdenklicher. Auch Kritisches ist dabei, wie in „Krieg“, einem Stück gegen zügellosen Konsum.

Einige meinen zwar, seine Soloalben sind nicht mehr als Quasi-Ärzte-Platten. Doch da ist mehr als nur der olle Ärzte-Solo-Farin zu hören. Mit „Die Wahrheit übers Lügen“ entfaltet er weiter seine Individualität und stärkt seinen eigenen Sound. Auch wenn der Punk natürlich überwiegt. Doch es sind auch Ska- und Bluesklänge zu hören, die zwölfköpfige Combo hat einiges zu bieten, von Trompete bis Blechtrommel. Schon beim Solodebüt „Endlich Urlaub“ spielt Urlaub alle Instrumente selbst, bis auf die Streicher und Bläser. Live ist er aber vorwiegend der Mann am Mikro mit der Gitarre. Fans können sicher sein, dass sie in durchgeschwitzten T-Shirts nach Hause gehen werden, spätestens bei „Zehn“ wird niemand mehr still stehen wollen.

Privat ist wenig bekannt über Farin Urlaub. Es gelingt ihm sehr gut, Nicht-Musikalisches aus der Presse herauszuhalten. Muss ja auch nicht sein, Hauptsache, er bleibt weiterhin mit seinem humorigen, traurigen, kritischen und morbiden Liedgut erhalten. Nur so viel: Wenn Urlaub gerade nicht Musik macht, engagiert sich der Nichtraucher, Pazifist und Vegetarier für Greenpeace und „Menschen gegen Minen“. Er spricht neben Deutsch, Englisch, Französisch, Portugiesisch, Latein und Japanisch, hat auch die Fotografie für sich entdeckt und lebt in einem Dorf bei Hamburg, mit eigenem Tonstudio.

Farin Urlaub, 11. Juli, 20 Uhr, in der Wuhlheide, Tickets ab 28 Euro

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false