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Rekorde in Berliner Auktionshäusern: Triumphe auf Papier

Zeichnungen der Romantik und Adolf von Menzels Rüstungen bescherten den Berliner Auktionshäusern in diesem Jahr Rekorde. Eine Bilanz.

Jahresrückblicke sind häufig kaum mehr als eine vorhersehbare Übung zum Ausklang der Saison. Die hielt in Berlin aber besonders zum Schluss einige Knaller bereit. Voraussetzung dafür scheint die entsprechende Provenienz: Der Lebenslauf eines Werkes hat Preisgrenzen von Künstlern gesprengt, deren Namen am Ende zuweilen gar nebensächlich wirkten.

Die „Welken Ahornblätter“ von Friedrich Olivier, die Bassenge im November aufrief, sind zweifelsohne hervorragende Zeichnungen. Ob sich aber das 60-Fache des bisherigen Rekordzuschlags für ein Werk des Künstlers allein daraus ergibt? Erst beim Gebot von 2,6 Millionen Euro fiel der Hammer für dieses besondere Herbstlaub. Dabei war Olivier kein herausragender Künstler. Das größere Renommee hat sein Freund Julius Schnorr von Carolsfeld, der Olivier gar einen Berufswechsel nahelegte. Er hat ein sehr feines Porträt des so Beratenen gezeichnet, das Bassenge in derselben Auktion aufrief. Auch hier wurde der bestehende Rekord auf 650 000 Euro gehoben.

Teuerste Papierarbeit: Adolf von Menzels „Stehende Rüstungen“

An diesen Preisen dürfte die Geschichte der Blätter mitgewirkt haben. Die vergangenen Jahrzehnte verbrachten sie in der Sammlung des Kupferstichkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin. Zuvor waren sie 1939 versteigert worden. Mit den Erben der ursprünglichen Besitzerin Marianne Schmidl, die 1942 wohl im polnischen Ghetto Izbica umkam, wurde die Frage der Restitution geklärt. Auch das gibt dem aktuellen Besitzer, einem Sammler aus dem Ausland, Sicherheit in Bezug auf seine kostspielige Neuerwerbung. Das verbindet sie mit einem weiteren Rekord des Auktionsherbstes in der Villa Grisebach. Mit Adolf von Menzels Gouache „Stehende Rüstungen“ wurde hier nicht nur der mit Abstand höchste Zuschlag für ein Werk des Wahlberliners erzielt, sondern auch die teuerste Papierarbeit des gesamten deutschen Auktionsgeschehens verkauft. 2,8 Millionen Euro bot ein Schweizer Privatsammler.

Die „Stehenden Rüstungen“ gehörten ehemals der im KZ Theresienstadt ermordeten Berlinerin Adele Pächter, gingen später an die Albertina nach Wien und wurden nun ebenfalls restituiert. Die Zeit in Museumsbeständen, verbunden mit der erfolgten Restitution, mag wohl noch schwerer wiegen als die Position der Arbeiten im Gesamtwerk der Künstler oder allgemeine Markttrends.

Max Beckmann gelang der Sprung über die Millionengrenze

Erstaunlicherweise war also 2014 nicht die klassische Moderne die spektakulärste Abteilung der Villa Grisebach, obwohl natürlich auch hier gute Ergebnisse eingebracht wurden. Der Sprung über die Millionengrenze gelang Max Beckmanns „Stürmische Nordsee“ mit 1,15 Millionen Euro. Ein versöhnlicher Abschluss in der Fasanenstraße für ein Jahr, an dessen Beginn die angekündigt größte Auktion der Geschichte stand, in der aber ein Highlight liegen blieb: Mit der Erwartung von zwei Millionen war Campendonks „Landschaft mit zwei Kühen“ überfordert.

Bei Van Ham in Köln macht sich derweil der Umzug bezahlt. Im Sommer wurde ein Neubau bezogen, prompt sah sich das Haus dem umsatzstärksten Jahr seiner Geschichte gegenüber. Topverkauf war der in jeder Hinsicht exotische „Kampf zwischen einem Rhinozeros und zwei Tigern“ von Raden Saleh Ben Jaggia für 440 000 Euro. Der Spätromantiker aus indonesischem Adel dürfte langsam zu einem Lieblingsmaler bei Van Ham werden: Seine höchsten Preise erzielt er in Südostasien und in Köln. Unter den ersten Verkäufen im neuen Haus zählten in der Herbstauktion Alter Kunst aber auch zwei Tondi aus höchster Florentiner Renaissance. Aus der Werkstatt Botticellis kam eine Darstellung Mariens mit Kind, Johannes dem Täufer und einem Engel für 350 000 und eine Filippino Lippi zugeschriebene Madonna für 210 000 Euro, die in eine amerikanische Privatsammlung wechselten.

Bei der Lempertz-Auktion überflügelt Matteo Giovannetti

Ebenfalls in Köln ging Lempertz noch weiter in die Geschichte zurück. Der im 14. Jahrhundert tätige Matteo Giovannetti ist heute vor allem als Freskenmaler bekannt. In Avignon hatte er für Clemens V. an der Ausstattung des päpstlichen Palastes gearbeitet. Tafeln wie die beiden Tempera-Gemälde mit Katharina von Alexandrien und Antonius Abbas sind so gut wie nie auf dem Markt. Die beiden in der Lempertz-Auktion hatte der Münchener Maler Franz von Lenbach 1904 erworben. Entsprechend wurden sie vom Markt honoriert und erst bei von 2,215 Millionen Euro weitergegeben. Damit überflügelte Giovannetti sogar noch eine Raumkapsel, die Lempertz in seiner Filiale in Brüssel im Mai für eine Million Euro versteigerte und die zuvor auch in der Berliner Repräsentanz des Hauses zu sehen war.

Ebenfalls in Berlin waren Auktionslose aus der Raumfahrt bei Auctionata zu sehen, darunter ein Raumanzug, der für 14 000 Euro versteigert wurde und ursprünglich für einen Hund gedacht war. Von einem Online-Auktionshaus sollte man meinen, es sei von irdischen Adressen völlig losgelöst. Tatsächlich aber hat Auctionata 2014 eine Niederlassung in New York eröffnet.

Kazuo Shiraga im Schwebezustand

Schwebezustände waren kennzeichnend für den 2008 verstorbenen Kazuo Shiraga. Eingespannt in eine Art Trapez, verteilte der Maler im Vorbeischwingen Farbe über die auf dem Boden liegende Leinwand. Shiragas dritthöchstes Auktionsergebnis erzielte dieses Jahr in München Ketterer. Das Auktionshaus konnte die Leinwand „Chijikusei Gotenrai“ für 2,6 Millionen Euro zuschlagen und war auch mit heimischen Zero-Künstlern erfolgreich. Mit Günther Ueckers „Hommage à Fontana“ (1,05 Mio. Euro) und „Weißer Wind“ (800 000 Euro) erzielte Ketterer 2014 die beiden bislang höchsten Zuschläge, die je für den Künstler erreicht wurden.

Jan Bykowksi

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