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Der Regisseur Jafar Panahi war als Ehrengast zur 60. Berlinale eingeladen und sollte der Jury bei den Filmfestspielen in Cannes angehören. Bei beiden Terminen konnte er nicht anwesend sein.

© dpa

Haft in Teheran: Jafar Panahi: „Sie dachten, ich filme sogar in der Zelle“

Der iranische Filmemacher Jafar Panahi berichtet erstmals detailliert über seine Haft. In Freiheit stellt er sich bereits auf eine erneute Festnahme ein.

Der vor einer Woche nach einem zehntägigen Hungerstreik gegen Kaution aus dem Teheraner Evin-Gefängnis freigelassene iranische Filmemacher Jafar Panahi („Der Kreis“, „Offside“) hat jetzt erstmals detailliert über seine Haft berichtet. In einem am Mittwochabend ausgestrahlten Gespräch mit „Arte journal“ schildert er das nahezu groteske Verhör, als dessen Ergebnis ihm die iranischen Behörden eine erneute Verhaftung seiner Familie angedroht hatten, woraufhin er sich zum Hungerstreik entschlossen habe. Bereits im März war Panahi mit seiner Frau, seiner Tochter und 14 weiteren Personen festgenommen worden. Alle Inhaftierten außer Panahi wurde wenige Tage später wieder auf freien Fuß gesetzt.

Dem „Arte“-Gespräch zufolge hatte die Behörde offenbar den Verdacht, Panahi drehe selbst in dem lückenlos überwachten Gefängnis einen Film. Er sei nachts aus der Zelle geholt und nach dem „Titel meines Films“ gefragt worden. Dabei sei es nicht um jenen Film gegangen, an dem er zu Hause gearbeitet habe, sondern „um den, den Sie hier drehen, in Ihrer Zelle“, erinnert sich Panahi an die Worte des Mannes, der ihn verhörte. Dabei sei ein Dreh im Gefängnis angesichts strikter Kontrollen völlig unmöglich.

Hintergrund des Verhörs war offenbar, dass Panahi gegenüber Mitgefangenen davon gesprochen hatte, er habe fünf Filme gedreht, auf die er „stolz“ sei, und nun, in Gefangenschaft entwickle sich das Drehbuch zum „Film meines Lebens“. Diese Äußerungen seien abgehört und von den Bewachern im Gefängnis als Hinweis auf eine eingeschmuggelte Kamera gedeutet worden. „Alle Durchsuchungen, aller Druck sind nur Frucht ihrer Fantasie, ihrer Angst vor dem Kino“, sagt Panahi in dem Interview. „Schon an einen Film zu denken oder davon zu träumen, kann hier ein Verbrechen sein.“

Während Panahi sich wegen seiner Kritik ausdrücklich auf eine erneute Festnahme einstellt, trifft es seine Unterstützer Abbas Kiarostami und die Schauspielerin Juliette Binoche derzeit vergleichsweise milde. Wie jetzt bekannt wurde, darf Kiarostamis in Italien gedrehte und jüngst beim Festival von Cannes uraufgeführte Beziehungsstudie „Copie conforme“ im Iran nicht in die Kinos kommen. Kulturstaatssekretär Javad Shamaqdari begründete die Entscheidung mit der Kleidung Binoches. Sie ist in dem Film meist im luftigen Sommerkleid zu sehen. Allenfalls, so der Minister, dürften „gewisse Universitäten und private Zirkel“ den Film zeigen.

Wie berichtet, hatten sich Kiarostami und Binoche in Cannes, wo Binoche zudem den Preis als beste Darstellerin erhielt, massiv für den hungerstreikenden Panahi eingesetzt. Die Tränen der Schauspielerin bei der Pressekonferenz, auch das Schild mit Panahis Namen, das sie bei der Schlusszeremonie hochhielt, waren weltweit beachtet worden. Panahi seinerseits, der nach eigenen Angaben im Gefängnis von nahezu allen Informationen abgeschnitten war, bedankt sich in dem „Arte“-Gespräch für die Unterstützung von Filmemachern aus aller Welt, die ihm geholfen hätten, „jetzt wieder bei meiner Familie zu sein“.

Das Interview: www.arte.tv/artejournal

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