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Hermann Göring, Rudolf Heß und Joachim von Ribbentrop beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess.

© picture alliance / dpa

Streit um Versteigerung von NS-Objekten: Hitlers Jacke: 30.000 Euro

Ein Münchner Auktionshaus will Privatgegenstände von NS-Verbrechern versteigern. Das löst eine Welle des Protestes aus.

München steht vor einer gruselig anmutenden Versteigerung: An Samstag sollen persönliche Gegenstände von NS-Größen für zum Teil horrende Summen unter den Hammer kommen. Dazu zählt etwa eine Uniformjacke, die angeblich von Hitler stammt, der Startpreis liegt bei 30 000 Euro. Weiter ist unter den 169 Versteigerungstiteln eine Messinghülse, in der Hermann Göring die Zyankali-Kapsel versteckt haben soll, mit der er sich am 15. Oktober 1946 umgebracht hatte. Auch wird, so der Katalog des Auktionshauses Hermann Historica, eine „kräftige Unterhose“ von Göring versteigert – Bundweite 114 Zentimeter, 500 Euro –, sowie verschiedene Teile der Stricke, mit denen Joachim von Ribbentrop, Julius Streicher oder Wilhelm Frick nach den Nürnberg-Urteilen gehängt worden waren (je 500 Euro).

Zielgruppe sind angeblich nur Museen und Wissenschaftler

Mittlerweile regt sich Kritik an der Devotionalien-Versteigerung. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München Charlotte Knobloch hält den Vorgang für „geschmacklos“ und fordert eine rechtliche Prüfung, ob die Auktion verboten werden kann. Die Grünen-Landtagspolitikerin Katharina Schulze warnt im Gespräch mit dem Tagesspiegel: „So etwas zieht die rechte Szene an.“ Die Gegenstände dienten „der Verherrlichung der NS-Zeit und des Personenkultes“. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter appelliert, „die Auktion abzusagen und sich der Verantwortung, die eine Versteigerung derartiger Devotionalien mit sich bringt, bewusst zu werden“. Auch das bayerische Wissenschaftsministerium sieht das Geschehen äußerst kritisch: „Das befriedigt eher die Sensationsgier, als dass es einem wissenschaftlichen Interesse dient“, sagt ein Sprecher des Ministers Ludwig Spaenle.

Zur Kundschaft gehören angeblich auch Scheichs und reiche Amerikaner

Auf ein solches Interesse beruft sich aber das Auktionshaus. „Hermann Historica lehnt alle neonazistischen und nationalsozialistischen Strömungen strikt ab“, heißt es in einer Mitteilung. Das Angebot richtet sich angeblich hauptsächlich an Museen und wissenschaftliche Einrichtungen. Potentielle Käufer müssen versichern, dass sie Gegenstände nur zu Zwecken der Wissenschaft, Forschung oder Lehre ersteigern. Den Handel mit NS-Devotionalien aus anderen Gründen verbietet das Strafgesetzbuch.

„Eine solche Versicherung ist Quatsch und nur der Rechtslage geschuldet“, sagt Albert Feiber. Er ist beim Münchner Institut für Zeitgeschichte beschäftigt und verantwortlich für das Dokumentationszentrum Obersalzberg. „Für viele Käufer geht davon eine unverhohlene Faszination aus“, so Feiber. Zu der Kundschaft gehörten auch „Scheichs und reiche US-Amerikaner“.

Die Gegenstände der Münchner Auktion stammen laut Hermann Historica aus der Sammlung des 2007 verstorbenen US-Mediziners John K. Lattimer. Dieser war als junger Arzt bei den Nürnberger Prozessen für die medizinische Betreuung der Angeklagten zuständig. Offenbar hat er dabei ziemlich viel mitgehen lassen.

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