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Kultur: Wahrheit ruiniert die guten Geschichten

Kriegsverherrlichung und Fascho-Ästhetik: Der Regisseur kann die Kritik am Film nicht verstehen

Herr Snyder, hat sich das Pentagon schon bei Ihnen bedankt?

Wofür?

Ihr Film spielt 480 vor Christus – aber viele Szenen lassen sich als positiver Kommentar zur US-Außenpolitik lesen.

Das sehe ich anders. Es geht um eine historische Geschichte, mehr nicht.

Der spartanische Rat zum Beispiel, von Ihnen als eine Art Parlament dargestellt, ist eine korrupte Quasselbude, die nicht erkennt, wieso es wichtig ist, in den Krieg zu ziehen. Die Kriegsgegner sind vom Feind bezahlte, korrupte Figuren …

Interessant, dass Sie das so sehen.

Das Ergebnis ist ein Film, der noch politischer und kriegsverherrlichender wirkt als das Buch von Frank Miller.

Frank ist nicht gerade schüchtern, was klare Aussagen angeht. Mein Film ist politisch sensibler als das Buch. Dabei darf man nicht vergessen: „300“ ist eine stilisierte Geschichte – weit weg von den Spartanern und von der aktuellen Politik.

Viele Kritiker sehen das anders, gerade in Europa. Sie sehen bei „300“ in Sachen Ästhetik und Aussage Parallelen zum faschistischen Propagandafilm.

Die haben etwas falsch verstanden. Neben der ganzen Schlacht-Ästhetik wird doch immer die Distanz deutlich, die Frank Miller eingeführt hat und die ich teile. Zum Beispiel beißt König Leonidas einmal genüsslich in einen Apfel, während er und seine Leute scherzend die letzten Perser abstechen. Dabei sagen sie: Es gibt keinen Grund, sich nicht zivilisiert zu benehmen. Da soll sich der Zuschauer doch fragen: Was ist denn das für ein Wahnsinn? Das soll ich glauben? Solche Szenen sind vor allem eines: ungeheuer komisch.

Bei dem Gemetzel?

Mit selbstironischen Szenen mache ich die Doppelbödigkeit der Geschichte deutlich. Das ist kein flammender Appell an die Rechtsextremisten dieser Welt, loszumarschieren. Diese Distanz zeige ich auch durch die Darstellung der Perser und ihres Königs Xerxes: Das ist alles äußerst erkennbar übertrieben.

Aber die Spartaner stellen sie als heroische Kampfmaschinen dar, dagegen die Perser und die östlichen Völker als Barbaren, als Untermenschen.

„300“ ist – wie das Buch von Frank Miller – ausschließlich so erzählt, wie ein Spartaner die Geschichte anderen Spartanern am Lagerfeuer erzählen würde. Natürlich würde er übertreiben und seine Fantasie spielen lassen. Die Wahrheit kann eine gute Geschichte ruinieren.

Präsident Bushs Gründe, in den Irak einzumarschieren, haben sich auch nur als „gute Geschichte“ herausgestellt ...

... wir leben offenbar in einer Welt, in der die Idee verpönt ist, dass man für Freiheit und Demokratie kämpft. Aber mit meinem Film will ich das gerade nicht kommentieren. Zumal die Spartaner selber keineswegs Vorkämpfer von Freiheit und Demokratie gewesen sind. Sehen Sie „300“ lieber wie Kabuki oder ein griechisches Drama: Struktur und Form sind auch da nicht so, dass man denkt: Das ist jetzt die Wirklichkeit.

Das Gespräch führte Lars von Törne. – Im Verlag Cross Cult ist neben Frank Millers Comic „300 – The Art of the Film“ erschienen; 128 Seiten, 24,90 €

Zack Snyder , geboren 1966 in den USA, drehte PR-Filme und Musikvideos, bevor er mit dem Horrorfilm „Dawn of the Dead“ (2004) ins Regiefach wechselte. „300“ ist sein zweiter Film.

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