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Zwei kommen sich näher. 2008 begann die zarte Romanze zwischen Merkel und Schweinsteiger.

© dpa

Rinkes Love Letters (5): Was Angie an Schweini schrieb - und an Özil

Den ersten Brief an Bastian Schweinsteiger schrieb Angela Merkel während der letzten EM. Immer, wenn Deutschland spielt, setzt Merkel-Ghostwriter Moritz Rinke hier die amouröse Briefeserie fort. Heute schreibt sie dazu noch an Mesut Özil.

Lieber Basti, ich schreibe dir heute aus Huntsville bei Toronto vom Gipfeltreffen der G 8! Du kannst dir nicht vorstellen, was hier los ist. Eben ist Berlusconi beim Champagnerempfang auf Dmitri Medwedew, den Russen, losgeschossen: „Warum gibt’s überhaupt die Slowakei??!! Warum seid ihr da nicht einmarschiert??!“ Ich dacht’, ich hör’ nicht richtig. „Silvio!“, habe ich zu Berlusconi gesagt, „Silvio, die Slowakei ist ein eigenständiger Staat und in der Nato!! Außerdem haben die Slowaken euch mit einer guten Leistung verdient besiegt! Außer Pizza kriegt Italien gar nix mehr gebacken!!“ Sarkozy, der Franzose, hat einen Lachanfall bekommen bei der Sache mit der Pizza. Und dann, du glaubst es nicht, hat Berlusconi dem Sarkozy wie Boapeng dem Ballack auf den Fuß getreten und gesagt: „Ihr Franzosen mit euren Von-Hinten-in-den-Arsch-Geschichten!!! Ihr seid schlimmer als die katholische Kirche!!!“

Jesses Maria, habe ich gedacht. Und dann wollte Obama vermitteln, aber Berlusconi ist völlig ausgerastet: „Euer US-Torjäger ist doch schwul!!! Frag doch mal Klinsmann, du Halbbimbo!!“, hat er geschrien, und Obama hat nur ganz entgeistert seine Berater angeguckt. „Halbbimbo“ zum amerikanischen Staatspräsidenten zu sagen, Berlusconi hat doch eine Vollmeise!?! Der Japaner stand nur da, lächelte und sagte immer: „Honda!, Honda!, Honda!“, ich glaube, der ist auch gaga gaga, seitdem die Japaner im Achtelfinale sind. Eben kam noch der neue britische Premier auf mich zu, um sich vorzustellen, aber ich habe nur gesagt: „Na, du Engländer, Sonntag wieder Elfmeterschießen und dann ab zurück auf die Insel, goodbye!“

Hier ist wirklich was los in Huntsville. Wir werden von 12.000 Polizisten bewacht, das Ganze kostet 880 Millionen Euro und eigentlich sollen wir hier über Sparmaßnahmen sprechen und den Finanzmarkt regulieren ...

Nun zu dir, Basti. Meine Berater haben mir erzählt, dass du muskuläre Probleme hast und vielleicht gegen England nicht spielen kannst?? Das betrübt mich. Nimm bitte Arnikasalbe von Weleda und trage sie ganz dick auf die Stelle auf.

Hast du vielleicht mit Sarah zu viel unternommen? Man bekommt doch nicht nur wegen Ghana muskuläre Probleme? Du kennst meine Meinung über Sarahs Aufenthalt in Südafrika! Meinst du, ich nehme Joachim nach Kanada mit zum G-8-Gipfel?? Basti, ich erwarte, dass du gegen England fit bist, und ich schreibe dir dies als Bundeskanzlerin.

Außerdem habe ich noch einen Brief an Özil beigelegt, den du ihm bitte übergeben wirst.

Mit Grüßen aus Huntsville, A. M.

Lieber Mesut Özil!

Ich übermittele Ihnen aus Kanada vom G-8-Gipfel meinen herzlichsten Dank für Ihr Tor gegen Ghana, womit Sie mich und mein Land in das Achtelfinale gegen England geschossen haben. Ich habe soeben meinen Regierungssprecher die Mitteilung verbreiten lassen, „dass die Bundeskanzlerin“ - also ich - „dass die Bundeskanzlerin die frische Art von Herrn Özil schätzt“.

Ich möchte aber noch persönlich hinzufügen, dass ich ausnahmsweise einmal zu Hause auf meiner Couch gesessen habe und Ihren prächtigen Schuss ganz privat genießen konnte, nur ein paar Anordnungen für den G-8-Gipfel musste ich noch nebenbei treffen.

Lieber Herr Özil, als Ihre Eltern sich entschieden, aus der Türkei nach Deutschland einzuwandern, wussten sie noch nicht, wie viel sie einmal für dieses Land leisten würden. Und als Sie dann in Gelsenkirchen geboren wurden, bereitete ich gerade die deutsche Einheit vor, lernte meinen zweiten Mann kennen, er ist Physiker, die meiste Zeit forscht er, so dass ich dein Tor gegen Ghana ganz allein genießen konnte. Ich sage jetzt einfach „du“ - lass du auch in Zukunft „Bundeskanzlerin“ weg -, ich habe nämlich festgestellt, dass dein Tor eine befreiende Wirkung auf das ganze Land ausgeübt hat, von der Maas bis an die Memel und bis zur Meerenge des Bosporus, aus der die Vorfahren Özil entstammten.

Lieber Mesut, als vorhin Barack Obama wieder seinen Arm um mich legte, da habe ich nur an dein prächtiges Tor gegen Ghana gedacht. Ihr seht euch ja auch ein bisschen ähnlich, du und Obama, dieser leichte, lockere Gang, diese stechenden Augen! Soll ich dir Obama mal vorstellen? Wäre kein Problem. Allerdings habe ich gelesen, dass deine Freundin, Anna Maria heißt sie, zum Islam konvertiert ist. Ich weiß nicht, wie die Amerikaner das finden, wenn eine Frau aus Delmenhorst zum Islam konvertiert, vielleicht müssten wir das mit Obama ohne Anna Maria machen. (Sie soll jetzt „Melek“ heißen, willst du, dass ich diesen Brief mit „Merek“ zeichne oder mit Anglek Merkut?) Mein Minister für besondere Aufgaben, Ronald Pofalla, hat ein Gutachten über die Frau anfertigen lassen, die du, Mesut, heiraten willst. Noch ist sie mit einem Pekka Lagerblom verheiratet. Er ist Finne, und da will sie jetzt einfach zu einem Mann mit türkischen Wurzeln wechseln?, fragt Pofalla. Sie war vor dem Finnen schon mit einem Tänzer aus der Popband ihrer Schwester verheiratet. Das wäre jetzt, meint Popfalla, die dritte Ehe in ein paar Jahren! Darüber solltest du nachdenken. Es gibt flatterhafte Frauen, die unberechenbarer sind als ein WM-Ball, und sie wollen alle ins Fernsehen und dafür gehen sie sogar von Finnland bis an den Bosporus, obwohl sie nach Delmenhorst gehören!

Moritz Rinke, 42, ist Schriftsteller, Tagesspiegel-Autor und Stürmer der Autoren-Nationalelf. Zuletzt erschien von ihm der Roman „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“.
Moritz Rinke, 42, ist Schriftsteller, Tagesspiegel-Autor und Stürmer der Autoren-Nationalelf. Zuletzt erschien von ihm der Roman „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“.

© Joscha Jenneßen

Wenn du Fragen hast, was die Ehe betrifft, mail mir an meinen Privataccount: angie@freenet.de. Ich muss jetzt mit zum Staatsbankett, Berlusconi und Sarkozy klopfen schon an die Tür meiner Suite.

Deine „Anglek Merkut“

PS: Und gegen England schießt du den Elfmeter, Mesut. Du hast den strammsten Schuss!

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