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Jetzt im Kino: Wenn Gartenzwerge zu sehr lieben

Auch Gartenzwerge können an dem scheitern, was selbst die wenigsten lebendigen Schauspieler hinbekommen: Shakespeare spielen.

Dem guten, alten Shakespeare wurde ja schon so manch gewagte Neuinterpretation seiner Stücke angetan. Aber dass sich Romeo und Julia einmal als Gartenzwerge gegenüberstehen würden – das hätte sich der Popkunstveteran aus Stratford-upon-Avon sicherlich nie träumen lassen. Aber nun haben sich die Disney-Studios, die bekanntlich vor keinem Mythos haltmachen, auch der Mutter aller Liebestragödien angenommen. Statt Venedig wird eine englische Reihenhaussiedlung mit ihren eng aneinanderliegenden Gärten zum Schauplatz. Auf der einen Seite des Zaunes regiert Graf Zinnoberrot, auf der anderen Gräfin Blaublut – und ihre beiden Gartenzwergclans sind schon miteinander verfeindet, seit sie in den Brennofen geschoben wurden. Gelegentlich messen die Zipfelmützen ihre Kräfte in halsbrecherischen Rasenmäherrennen, aber als Gnomeo im Gewächshaus die schöne Julia aus dem Land der Rotkäppchen trifft, ist es um sein Zwergenherz geschehen. Derweil wird der Kleinkrieg der keramischen Hohlkörper mit unnachgiebiger Härte weitergeführt – und die Liebe zwischen den Fronten auf eine harte Probe gestellt.

So unausweichlich wie eine Shakespeare-Tragödie auf den Tod der Hauptfiguren hinausläuft, so sicher ist in einem Familienfilm aus dem Hause Disney das Happy End. Der Widerspruch ist den Filmemachern durchaus bewusst, und so verhandelt der Gartenzwerg im Park mit einer Shakespeare-Statue und kommt mit einer Menge Kleber zu einer positiveren Schlusswendung. Dass mit der Wandlung von der Tragödie zur Komödie der Geschichte ihr eigentliches Herz herausgerissen wird, bleibt trotz dieses durchaus originellen Autorenstreits ein Problem. Denn was hier von „Romeo und Julia“ übrig bleibt, ist eine nette Liebesgeschichte mit übersichtlichem Hindernisparcours, die durch Action-Einlagen jungsgerecht aufgepeppt wird. Von großen Gefühlen im Kleingarten fehlt jedenfalls jede Spur.

Und sonst? Die Filmemacher weiden das Spießergarten-Setting zwar gründlich aus, aber der Herausforderung, das Herz des Publikums zu bewegen, steht schon das genuin begrenzte mimische Repertoire der fotorealistisch animierten Gartenzwerge entgegen. Ach, Shakespeare!
In 18 Berliner Kinos; Originalversion im Cinestar Sony-Center

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