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Kultur: Wo der Hammer hängt Komische Oper:

Mahler im Orchesterglanz

Alban Berg schreibt an Webern: „Es gibt doch nur eine VI. trotz der Pastorale.“ Gemeint ist die sechste Symphonie von Gustav Mahler, die als Solitär alle Maße sprengt. Die Bühne der Komischen Oper fasst den gewaltig aufgeblähten Orchesterapparat nur unter Einbezug ihrer versteckten Ecken. Der letzte Satz mit seinen Hammerschlägen, für den die Zweite Wiener Schule schwärmt, dauert über eine halbe Stunde. An diesem Abend aber will das Publikum trotz der Überlänge des Programms nicht weichen. Bravo-Chöre. Sie feiern eine Interpretation, deren außerordentliche Expressivität nachleuchtet in die Nacht.

Denn das Orchester der Komischen Oper fühlt den Glücksfall, dass es im symphonischen Fach und bei der anspruchsvollsten Partitur auf den Schweizer Dirigenten Stefan Blunier bauen kann, auf seine Sensibilität und Kontrolle. Daher wird die Totenklage der Rückert-Lieder, die das Andante färben, von der „überinstrumentierten“ Wildheit des Finales übertroffen und das autobiografisch konzipierte Werk als Weltmusik eines Katastrophenjahrhunderts realisiert. „Wuchtig“ betont Blunier seine Akzente im Scherzo, um „altväterisch“ der lieblichen Oboe Raum zu geben. Blunier ist ein unerbittlicher Dirigent, heftig setzt er ein, Allegro energico. Dennoch ist er fähig, den Musikern notwendige Freiheiten zu schenken, so dass der Vorhang pizzicato über einer Gesamtleistung aus Feuer und Präzision fällt.

„Ersatzdichtung“ hat Alfred Kerr den „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal genannt, der sagt: „Ist alls zu End das Freudenmahl.“ Und Kritiker des Stückes gibt es bis heute genug. Trotzdem ist es ihnen (auch in Salzburg) nicht gelungen, der Beliebtheit des „Spiels vom Sterben des reichen Mannes“ beizukommen. Wenn Dietrich Henschel sich bis an stimmliche Grenzen in Frank Martins Jedermann-Monologe stürzt, wird er umjubelt als der Don Giovanni des Theaters. Henschel differenziert eindringlich vom Text her. „Ach Gott, wie graust mir vor dem Tod“: Trauermarsch, Glocken, Angst: So lässt sich kein Steinerner Gast einladen. Sybill Mahlke

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