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Kultur: Züchte deine Feinde

Prequel eines Sequels: „Planet der Affen: Prevolution“ schreibt einen Kino-Mythos fort

Der jüngste „Harry Potter“ kommt ohne Zahl im Titel aus. Wer es genau wissen will: Es ist Teil 2 von Nummer 7. Die weiteren Hits hinter dem aktuellen Charts-Anführer sind dagegen ordentlich durchnummeriert: „Cars 2“, „Transformers 3“, „Kung Fu Panda 2“, „Hangover 2“.

Die Sequelitis grassiert – und wer Filme nicht nur wegguckt, sondern über sie nachdenken will, verspürt angesichts dieses Krankheitsbildes einiges Unbehagen. Nicht zuletzt, weil viele solcher Sequels keineswegs im Wortsinn eine aufregende Geschichte fortsetzen, deren offenes Ende das Publikum süchtig nach mehr macht. Sondern weil ihre Reihenfolge inzwischen total beliebig wird. Der vierte Teil der gerade im Kino abgespielten „Piraten der Karibik“? In ein paar Jahren könnte man ihn locker als „Piraten 2“ anbieten. Alles egal.

Andererseits sind Sequels so alt wie das Kino selbst. Nur hießen sie früher Serials. Ein früher Klassiker auf diesem Gebiet war Louis Feuillades „Fantômas“. Und Fritz Langs „Mabuse“-Filme, waren die nicht auch eine Art Franchise? Es gab die Tarzan- und Lassie-Filme, und für Sylvester Stallone liefen mit „Rocky“ und „Rambo“ gleich zwei Serien parallel vom Band. Dennoch: Die Sequelitis hat sich ausgeweitet, vom Schnupfen zur Pest.

Neben Sequel und Franchise gibt es noch weitere Wortschöpfungen, ohne die man das aktuelle Ideen-Klon-Kino nicht beschreiben kann. Reboot etwa, ähnlich dem Relaunch einer Zeitung. Wobei das Reboot einer Franchise einer Wiederbelebung gleichkommt: Wie retten wir James Bond , wie werden Musketiere auch für das junge Publikum spannend?

Derlei Überlegungen sind in die Konzeption von „Planet der Affen: Prevolution“ eingeflossen, der 90 Millionen Dollar gekostet hat – ein Klacks, verglichen mit den fast 200 Millionen Dollar von „Transformers 3“, aber immer noch viel. Immerhin: Dieser achte Film aus dem Reich des Affenplaneten ist insofern ein Novum, als dass man ihn als erstes BigBudget-Movie ganz im Dienste des Tierschutzes bezeichnen könnte. Zudem bietet Regisseur Rupert Wyatt keine nervtötende Materialschlachtorgie, und der Film ist schon gar nicht, wie sonst genreüblich, patriotisch-militaristisch. Im Gegenteil: Der Zuschauer sehnt regelrecht den Moment herbei, in dem die Affen die Weltherrschaft übernehmen und die Menschen unterjochen – auf die Gefahr hin, selbst als Sklave zu enden.

Der Film hat eine fast 50-jährige Vorgeschichte. Der Roman „Planet der Affen“ ist 1963 erschienen. Sein Autor Pierre Boulle hatte zuvor „Die Brücke am Kwai“ veröffentlicht, in dem es um britische Kriegsgefangene ging. Boulle musste die grausamen japanischen Aufseher nur durch Affen ersetzen. Und in beiden Fällen zeigte er Verständnis für die Aufseher, statt sie als Monster zu diffamieren. Die Verfilmung durch Franklin J. Schaffner hatte das Glück, im Jahr 1968 in die Kinos zu kommen. Sie war ein Stück Protestkultur. Charlton Heston, der bekennende Konservative unter den Hollywoodstars, gab sich einem symbolträchtigen Spießrutenlauf hin. In der Rolle eines Astronauten, der sich im Lendenschurz wiederfindet, schien er für jede Form USamerikanischer Arroganz zu büßen. „Planet der Affen“ war ein herausragender kommerzieller und künstlerischer Erfolg, es gab vier Fortsetzungen und eine kurzlebige Fernseh-Serie.

Eine der Fortsetzungen war bereits selber ein Prequel, also die Schilderung der Serien-Vorgeschichte: In „Eroberung vom Planet der Affen“ (1972) wird erklärt, wie die Affen ihre Machtposition erlangt haben. Durch eine Seuche sind alle Hunde ausgestorben, und die Menschen legen sich Affen als Ersatz-Haustiere zu. Sie vertrauen ihnen immer anspruchsvollere Aufgaben an und demütigen sie zugleich – ein verhängnisvoller Fehler. Die Parallelen zu den schwarzen Sklaven und späteren Billigarbeitern in den USA waren nicht zu übersehen; auch dieser Film traf den Nerv der Zeit.

Tims Burtons „Planet der Affen“Remake (2001) dagegen hinterließ einen eher faden Eindruck – er war oberflächlich, hatte keinen politischen Kontext und fiel in eine Zeit, als sich offenbar niemand nach einem „Planet der Affen“-Sequel sehnte. Und wie ist es heute?

James Franco brilliert auf seine grimassierende Weise in der Rolle eines Forschers, der Tiere liebt und doch tatenlos zuschaut, wie ihnen dubiose Substanzen in den Körper gespritzt werden. Sein Vater (John Lithgow) leidet an Alzheimer, ihm spritzt er dieselben Substanzen in den Körper. Doch was die Affen stärkt, führt bei dem Alten bald zum Tod. Francos Posen passen ideal zu einem optimistischen und ignoranten Wissenschaftler, der mit den besten Absichten eine Katastrophe auslöst. Seinen zu groß gewordenen Lieblingsaffen liefert er in einem schmuddeligen Tierheim ab – und begeht damit einen Verrat, den ihm das Tier nicht verzeihen kann. Kein Verlust für ihn, denn andere Affen ersetzen ihm den menschlichen Freund.

Den Tierpfleger, dessen dienstliche Zuwendung sich in Elektroschocks erschöpft, verkörpert Tom Felton, der aasige Draco Malfoy aus den „Harry Potter“-Filmen. Der Ausbruch der Versklavten aus dem Tierheim erinnert an „Spartacus“, und der Kampf der Affen gegen das Militär dann an „King Kong“. Doch noch sind die Affen nicht klug genug, um die Menschen zu unterjochen; vorerst können sie sich nur befreien und wehren.

Ein Sequel zu diesem Prequel ist somit nötig. Nicht nur der Affen wegen, deren Triumph man erleben möchte, sondern auch, um die Ehre der Sequels zu retten. Eine Fortsetzung ist großartig, wenn es etwas fortzusetzen gibt. Hier gibt es das.

„Planet der Affen: Prevolution“ kommt am Donnerstag ins Kino

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